Die britische Regierung erleidet im Streit um den Brexit Niederlage um Niederlage.
Am Dienstag setzten Abgeordnete um die Labour-Politikerin Yvette Cooper durch, dass die Regierung ausdrücklich die Zustimmung des Parlaments benötigt, sollte sie im Falle eines No-Deal-Brexits (eines EU-Austritts ohne Abkommen) besondere Maßnahmen bei der Steuergesetzgebung treffen.
Bemerkenswert war die Abstimmung, weil auch Abgeordnete der Regierungspartei der Tories von Premierministerin Theresa May für diesen Labour-Vorschlag stimmten.
Die Opposition plant derweil nach HuffPost-UK-Informationen bereits den nächsten Coup gegen die angeschlagene Regierungschefin.
Labour-Schlag gegen May
Labour will sich mit Tory-Rebellen zusammenschließen. Sie wollen Theresa May dazu zu zwingen, belegen zu müssen, dass “Garantien” der Europäischen Union zur Verbesserung ihres Brexit-Deals rechtsverbindlich sind.
Nachdem May die Abstimmung über den umstrittenen Austrittsvertrag verschoben hatte, versprach sie, neue Zugeständnisse der EU einzuholen. So wollte sie Gegner ihres Deals in ihrer eigenen Partei und ihres Partners im Parlament, der nordirischen DUP, überzeugen.
Am kommenden Dienstag steht nun die entscheidende Abstimmung im Unterhaus über den von May und der EU verhandelten Austrittsvertrags an.
Der neue parteiübergreifende Schlag soll nun dazu führen, dass die Regierung ein aktualisiertes Rechtsgutachten des Generalstaatsanwalts über die Auswirkungen des Brexits veröffentlichen und beweisen muss, wie rechtsverbindlich die “Garantien” der EU wirklich sind.
Zum Hintergrund
Es geht bei der Frage der rechtlichen Garantien um den sogenannten backstop. Dieser im Austrittsvertrag verankerte Mechanismus soll verhindern, dass nach dem Brexit Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nötig werden.
Nordirland würde in diesem Fall weiter in der Zollunion bleiben, sollte der backstop greifen. Die Brexit-Hardlinern befürchten, dass ein wirksamer Austritt aus der EU so auf unbestimmte Zeit verhindert werden würde.
May hatte nach der verschobenen Abstimmung über den Austrittsvertrag rechtliche Garantien von Brüssel gefordert, dass der backstop nur eine temporäre Lösung sei.
Brexit: Neuer Kampf im Unterhaus
Beobachter des Streits im Parlament über den EU-Austritt erwarten, dass die Regierung in den nächsten Tagen bei den Debatten im Unterhaus neue Garantien der 27 EU-Staaten zur Irland-Frage vorlegen wird.
Aber die Abgeordneten von Labour, der DUP und der Tories wollen sicherstellen, dass May alle Behauptungen über Verbesserungen ihres Deals mit konkreten Beweisen untermauern muss.
Die zentrale Frage wird dabei sein: Sind die Garantien wirklich rechtsverbindlich?
Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox wird die Regierung im Unterhaus nächste Woche verteidigen.
Der Schritt wird als bewusster Versuch der Regierung angesehen, Cox’ juristische Argumente und Brexit-Kentnisse zu nutzen, um Tory-Abweichler von Mays Deal zu überzeugen.
Schon im vergangenen Jahr zwang Labour mit einer parteiübergreifenden Initiative die Regierung dazu, das Brexit-Rechtsgutachten von Cox zu veröffentlichen. Nun wollen sie diesen Erfolg wiederholen.
Parteiübergreifender Hinterhalt
Brexit-Schattenminister Keir Starmer von Labour sagt der HuffPost: “Vergangenes Jahr wurde die Regierung, um sich tretend und schreiend, dazu gebracht, das Rechtsgutachten zum Brexit-Deal der Premierministerin zu veröffentlichen. Wir sollten diesen Prozess nicht noch einmal durchlaufen müssen.”
Weiter betont er: “Das Parlament muss über die rechtlichen Auswirkungen aller Vereinbarungen der Premierministerin mit der EU auf dem Laufenden gehalten werden.”
Ehemalige Minister wie Priti Patel, Iain Duncan Smith und Steve Baker wollen ebenfalls, dass neue Informationen zu den rechtlichen Auswirkungen veröffentlicht werden. Nur so könne die Realität der EU-Versprechen aufgezeigt werden.
Aber auch die Tory-Hardliner der sogenannten European Research Group (ERG) um Jacob Rees-Mogg wollen verhindern, dass die Regierung Abgeordnete durch Behauptungen über EU-Zugeständnisse von Mays Deal überzeugt.
Labour: Entweder May ist gescheitert – oder hat etwas zu verstecken
Eine Quelle aus der Labourpartei sagt der HuffPost: “Entweder gibt es kein neues Rechtsgutachten, in diesem Fall ist die Premierministerin gescheitert, die neue rechtliche Garantien zu bekommen, die sie versprach. Oder es gibt ein neues Rechtsgutachten, und sie verstecken es.”
Die Tory-Abgeordnete Ann Main betont: Es sei wichtig, dass der Generalstaatsanwalt im Unterhaus anwesend ist. Nur so könne angefochten werden, “wie rechtsverbindlich einige der Vereinbarungen sind”.
Sie sagt weiter: “Diejenigen von uns, die skeptisch sind, wenn es um Vereinbarungen statt rechtsverbindlicher Garantien geht, hätten gerne einen Teil der Rechtsauskünfte, die wir bereits angesehen haben, im Plenum erklärt.”
Dieser Artikel erschien zunächst bei der HuffPost UK und wurde von Leonhard Landes übersetzt und editiert.
(jkl)