Vergangene Woche schrieb ich einen Text, der für mich fast schon therapeutisch war. Ich konnte endlich all die Männer in die Pfanne hauen, die im Jahr 2018 immer noch ungefragt Penis-Bilder verschicken.
Die Grundbotschaft des Textes war eigentlich simpel: Verschickt einfach nicht ungefragt Bilder eurer Penisse.
Dass sich meine Wunschvorstellung von durchweg positiven und einsichtigen Reaktionen nicht erfüllen würde, war mir bewusst. Auch dass einige gekränkte und aggressive Männer sich melden würden, war keine Überraschung für mich. Schließlich müssen sich viele nun eine neues, weniger illegales Hobby suchen, für dessen Ausübung sie womöglich noch den Keller ihrer Mutter verlassen müssen.
Negative Kommentare von Frauen
Was mich aber tatsächlich schockierte: einige der Kommentare, die von Frauen geschrieben wurden.
Eine Dame äußerte sich und meinte, man solle diese Bilder doch als Kompliment sehen. Männer würden sowieso jegliche Zurechnungsfähigkeit verlieren, sobald das Blut in ihre Geschlechtsteile wandert. Gute Nachrichten also für alle Männer: Wer mit einem Ständer eine Bank ausraubt, hat laut dieser Nutzerin nichts zu befürchten.
Eine weitere Frau attackierte die Mütter der Übeltäter, die offensichtlich Schuld am Fehlverhalten ihrer Söhne hätten.
Doch von allen Kommentaren blieb mir einer ganz besonders in Erinnerung:
Mein Artikel begann mit diesen Worten:
Auf der Erde gibt es zwei Arten von Männern:
► Die, die als ein funktionierender Teil dieser Gesellschaft Respekt, Empathie und Selbstreflektion an den Tag legen.
► Und dann gibt es Männer, die Dick Pics schicken.
Eine Frau knüpfte an meine Wortwahl an und erklärte:
Anstatt also die Frauen zu unterstützen, die sich gegen unangebrachtes Verhalten wehren wollen, stellte sie Feministinnen (und somit Frauen, die sich für ihre eigenen Rechte einsetzen) als das eigentliche Problem dar.
Damit war allerdings noch nicht Schluss: Als sie ein nobler Herr dann darauf aufmerksam machte, dass sie Feministinnen mindestens das Wahlrecht zu verdanken hätte, erwiderte sie nur:
Frau vs. Frau, woher kommt es?
Es ist schwer nachvollziehbar: Frauen, die sich für die Rechte von Frauen aussprechen, werden von anderen Frauen angefeindet.
Ich habe in meinem ursprünglichen Artikel weder die rollenden Köpfe von 120 wehrfähigen Männern verlangt, noch den gewaltvollen Sturz eines vermeintlichen Patriarchats. Ich wollte tatsächlich einfach nur keine fremden Penisse mehr sehen.
Doch das ging einigen Damen offenbar schon zu weit. Meine Bestreben, mich für Frauen stark zu machen, stoßen auch nicht zum ersten Mal auf weiblichen Gegenwind. Woher kommt es, dass manche Frauen sich ausgerechnet gegen die Frauen stellen, die sich eigentlich für sie einsetzen wollen?
Starke Frauen sind nicht gerne gesehen
Ein Grund für dieses Verhalten ist sicherlich, dass “starke” Frauen von der Gesellschaft immer noch abgestraft werden, sowohl von Männern, als auch anderen Frauen. Einen Beweis dafür lieferte eine Studie aus den USA, in der Menschen gefragt wurden, welche Charaktereigenschaften sie bei Frauen und Männern als positiv oder negativ einschätzen. Wesenszüge wie “eigenständig”, “unverblümt” und “mächtig/einflussreich” werden bei Männern überwiegend positiv bewertet. Bei Frauen werden diese Merkmale allerdings als negativ eingestuft.
Eine weitere Studie zeigte, dass Männer, die beim Äußern ihrer Meinung einen gewissen Grad an Aggression und Durchsetzungsfähigkeit an den Tag legen, als einflussreichempfunden werden und ihnen mehr Macht zugesprochen wird. Frauen hingegen erwartet das genaue Gegenteil.
Ständiger Konkurrenzkampf
Und oft sind es eben die Damen der Schöpfung, die die Stärke von anderen Frauen als störend empfinden. Schuld daran ist mitunter sicher der Konkurrenzkampf, der uns nicht nur seit Geburt an eingeprügelt wurde, sondern sogar evolutionär bedingt ist.
Da Frauen in früheren Zeiten nicht nur reproduktionsbedingt auf den Samen der Männer angewiesen waren, sondern auch auf deren Schutz, gab es schon immer Streit um das stärkste, potenteste Männchen. Und genetisch scheinen wir diesen Konkurrenzkampf auch immer noch in uns zu tragen. Oder, wie es Emily Gordon in der “New York Times” beschreibt: “Wenn wir unseren Wert von denen abhängig machen, die uns schwängern können, werden wir uns gegeneinander wenden.”
Doch wir tragen es nicht nur biologisch in uns, es wird uns auch von klein auf so beigebracht. Einen großen Einfluss nehmen hier Serien und Filme. Wie eine Studie der Uni Rostock ergab, sind zwei Drittel der Protagonisten im deutschen Fernsehen männlich. Frauen sind sogar so selten im Mittelpunkt, dass es dafür inzwischen einen Ausdruck gibt: Das Schlumpfinen-Phänomen. An die Geschlechterverteilung in einem Schlumpf-Dorf angelehnt, kommt es auch im Fernsehen immer wieder vor, dass auf eine Hand voll männlicher Hauptdarsteller eine Frau kommt (siehe “Avengers”, “Big Bang Theory” oder “Star Wars”).
Und um was geht es vordergründig, wenn viele Frauen auf einmal im Rampenlicht stehen? Richtig. Zickenkrieg. Konkurrenzkampf à la “Germany’s Next Topmodel” oder “Der Bachelor”.
Für die leichte Frauenfeindlichkeit, die manche Frauen mit sich herumtragen, können sie also partiell gar nichts.
Bewusste Abgrenzung
Es gibt aber auch die Art Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, weibliche Geschlechtsgenossinnen anzugreifen und sich von der Frauenwelt abzugrenzen.
Hände hoch, wenn ihr diese Sätze schon einmal von einer Frau gehört habt:
“Ich habe ja hauptsächlich männliche Freunde. Mit vielen Frauen abzuhängen ist einfach immer viel zu dramatisch.”
oder:
“Ich bin nicht wie andere Frauen!”
Diese Frauen verbinden mit Weiblichkeit hauptsächlich Negatives. Doch sie sind da ganz anders. Sie sind lässig, “eine von den Jungs”, trinken Bier und Feminismus brauchen sie sowieso nicht.
Am Arbeitsplatz sind es meist diese Frauen, die stolz darauf sind, eine Ausnahme zu seinund es in einer männerdominierten Welt ohne Hilfe so weit gebracht zu haben. Sie definieren sich über ihre Sonderstellung. Und andere Frauen empfinden sie dementsprechend als störend.
Sie prangern bei anderen Frauen an, dass sie ständig lästern, Zickenkriege anzetteln würden oder zu emotional wären. Doch ist der Fingerzeig auf andere und der Konkurrenzkampf, den diese Frauen konstant heraufbeschwören, denn wirklich so viel besser, als die “weiblichen” Eigenschaften, die ihnen doch scheinbar ein Dorn im Auge sind?
Wir müssen endlich zusammenhalten
All die Verhaltensweisen und Vorurteile, die hier angeführt wurden, kann man natürlich nicht von heute auf morgen verlernen und vergessen. Aber es ist unfassbar wichtig, dass Frauen anfangen, mehr Selbstreflexion an den Tag zu legen, wenn sie dieses toxische Benehmen an sich selber bemerken.
► Denn: Wir müssen endlich zusammenhalten.
Diese Welt ist alles andere als frei von Diskrimierung. Natürlich sind wir in Deutschland schon weiter als in anderen Ländern. Aber auch hier gibt es noch viel, woran gearbeitet werden muss, und dafür sollten Frauen Seite an Seite kämpfen. Hier nur einige wenige Beispiele:
Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Sie bezahlen aber gleichzeitig mehr für Produkte, die sich kaum von ihren männlichen Pendants unterscheiden. Tampons werden in Deutschland immer noch als Luxus-Artikel gehandelt, die mit 19 Prozent besteuert werden.
Frauen sehen sich immer noch tagtäglich sexueller Gewalt und Belästigung ausgesetzt.Sie müssen darauf achten, wie sie gekleidet sind, wann sie vor die Tür gehen und mit wem sie sich unterhalten. Kommt es trotzdem zu einem Missbrauchsfall, fragen sich viele zuerst, was die Frau falsch gemacht haben könnte, um eine solche Situation überhaupt zu provozieren.
Gemeinsam gegen Diskriminierung
Manche Berufe, wie zum Beispiel Taxifahren, können sie nicht ausüben, da sie Angriffe fürchten müssen. Manche Berufe dürfen sie nicht ausüben, weil sie erst gar nicht in Betracht gezogen werden, wie Geschäftsführerposten.
Frauen werden immer noch für sexuelle Freizügigkeit und Selbstbewusstsein an den Pranger gestellt. Für Männer gelten diese Moralvorstellungen natürlich nicht. Und auch Verhütung ist seit jeher Frauensache. Die Entwicklung einer Pille für den Mann ist sogar eingestellt worden, da die Studienteilnehmer über Nebenwirkungen klagten. Willkommen in unserer Welt.
Die Diskriminierungsliste ist lang. Sie soll jetzt aber definitiv nicht dazu auffordern, alle Männer zu teeren und zu federn und unsere BHs vor dem Bundestag in Brand zu setzen.Sie soll auch nicht Anlass dazu sein, bei jeder kleinen Unannehmlichkeit der Diskriminierung gegen Frauen die Schuld zu geben oder komplett in Selbstmitleid zu versinken.
Aber sie soll zumindest als Motivation gesehen werden, warum Frauen unbedingt aufhören müssen, sich gegenseitig anzufeinden. Wir sitzen alle im selben Boot und wünschen uns Besserung in vielen Lebensbereichen.
Wie sollen wir unsere Botschaften also sprichwörtlich an den Mann bringen, wenn wir in unseren eigenen Lagern noch Krieg führen?