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An die Menschen, die behaupten, Autismus hätte etwas mit schlechter Erziehung zu tun

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Habt ihr schon davon gehört, dass Kinder mit Autismus lediglich ein Produkt schlechter Erziehung sind? Dieses Thema hat sich seit 2012 zu einer riesigen Diskussion entwickelt - Schuld daran ist der klinische Psychologe Dr. Tony Humphrey, der Autismus erstmals mit Erziehung in Verbindung gebracht hat.

Auch wenn Humphreys später einige seiner Aussagen relativiert hat, indem er sagte, Eltern "seien dafür nicht verantwortlich", verleitet seine Forschung immer wieder dazu, die Auswirkung von Erziehung auf autistische Kinder zu analysieren.

Dieses Problem wird mir bewusst, wenn ich heute mit Eltern spreche. Die meisten von ihnen, besonders wenn bei ihrem Kind die Krankheit gerade erst festgestellt wurde, machen sich so oder so für die Diagnose verantwortlich.

Es ist lächerlich zu denken, dass Autismus mit Erziehung zusammenhängt



Es ist herzzerreißend. Bei diesen Gesprächen sage ich ihnen, dass ich kein Wissenschaftler bin, aber viel über das Thema weiß, da ich selbst an Autismus leide.

Nach jahrelanger Therapie sind viele meiner Probleme, die ich früher hatte, nicht mehr so schlimm.

Aber es ist lächerlich zu denken, dass Autismus eine Folge von schlechter Erziehung ist. Eigentlich sollte damit diese Diskussion beendet sein.

Aber ich spreche immer erst einmal über meine Erfahrungen und sage dann folgendes: „Wenn Sie Experte auf dem Gebiet sind, können Sie das Leben Ihres Kindes verändern."

Das solltet ihr diesen Leuten das nächste Mal entgegnen



Wenn ihr eurem Kind bedingungslose Liebe und volle Unterstützung bietet und euch Wissen über die Krankheit aneignet, dann seid ihr wundervolle Eltern.

Ihr könnt euer Kind ruhig verteidigen: Immer, wenn jemand sagt, dass Autismus das Ergebnis schlechter Erziehung ist, dann versucht, ihn davon zu überzeugen, dass diese Annahme falsch und verletzend ist.

Wenn das passiert, könnt ihr zum Beispiel dieses Zitat von Dr. Temple Grandin verwenden:

"Autismus ist eine neurologische Störung. Er wird nicht durch schlechte Erziehung verursacht."

Das ist eine Tatsache, die wir nie vergessen sollten.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf "KerryMagro.com" und wurde von Jutta Kranz aus dem Englischen übersetzt.

Auf Facebook und Twitter könnt ihr mehr über den Autor erfahren.

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Kindern helfen


Seit Jahren schon warnen Experten, dass allein in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut lebt. Viel schwieriger noch die Situation von Kindern in Südeuropa, Afrika oder Südasien. Doch was fehlt ihnen wirklich? Wie kann man ihnen wirkungsvoll helfen?



Zusammen mit der Spendenplattform betterplace.org nennt die Huffington Post einige spannende Projekte, die jeder unterstützen kann.



Die Initiative Anderes Sehen e.V. etwa kümmert sich um die frühkindliche Förderung von blinden Kindern - ein Bereich, den die beiden Gründer zuvor als zutiefst vernachlässigt erfahren haben.



Nun setzen sie sich für Chancengleichheit für blinde Kinder ein. Anderes Sehen e.V. bietet Blindenstöcke für Kinder, die ihre ersten Schritte wagen, und entwickelt liebevoll gestaltete Tast-Bilderbücher.



Zudem hat die Initiative die Echoortungsmethode Klicksonar nach Deutschland geholt und bietet hierfür Schulungen an. Auch die Aufklärung von Betreuungspersonen und die Bereitstellung von Vorschulmaterialien gehören zum Angebot von Anderes Sehen e.V.



Unterstütze das Projekt jetzt und spende auf betterplace.org.



Willst auch Du Spenden für Dein soziales gemeinnütziges Projekt sammeln? Dann registriere Dich und Dein Projekt jetzt auf betterplace.org.



(lm)

Rollerschrauber, Hundezüchter, Gründer, Billionär

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Arun Pudur, indischer Gründer und Billionär kommt als Top-Speaker und Investor auf die Kölner Startupcon. Wer da nicht reagiert, ist selber schuld

Kinder, was war das für eine nette Geschichte: "Vom Tellerwäscher zum Millionär" hat gefühlt Generationen von Gründern begleitet und Mut gemacht, sein eigenes Ding durchzuziehen. Auch wenn du bei Nichts anfängst - der große Erfolg ist möglich. Doch wir sind im neuen Jahrtausend und die großen Erfolgsgeschichten funktionieren heute anders. Wie wäre es mit der von Arun Pudur? Doch Vorsicht: Bitte anschnallen, sonst wird dir schwindelig.

Was für eine Erfolgsstory

Hier die Story: Im Alter von 13 beginnt ein indischer Junge kaputte Mopeds zu reparieren - und diese gewinnbringend wieder zu verkaufen. Geld ist Geld und Geschäft ist Geschäft. Und so gelingt es, auch als Branchenfremder weiteres Business erfolgreich zu lancieren: Hundezucht. An dieser Stelle entweicht uns ein nettes "wow", wohlwissend, dass dies nur ein allererstes Signal für das ganz große Geschäft ist: Motor der Zukunft ist die Technologie und das Digitale ist kurz davor, auf die Überholspur zu wechseln. Arun Pudur wechselt erneut die Branche und startet das angekündigte Achtung-hier-wird-dir-schwindelig-Business.

Die Daten in der Schnellübersicht: Mit 21 die erste Million, mit 26 die erste Billion, heute einer der 10 reichsten Menschen unserer Welt; selbstgemacht dazu. Dass diese Aufzählung der Meilensteine die erste Milliarde galant unterschlagen hat, dürfen wir so verstehen, dass der Erfolg hier ein derartiges Tempo aufgenommen hat, welches sich an der Nennung solcher Zwischenschritte gar nicht erst aufhalten will. Erfolg ist nicht das endliche Ergebnis - Erfolg scheint bei Arun Pudur der Treibstoff zu sein. Und Luft nach oben ist immer.

Was für ein Top-Speaker

Nun kommt Arun Pudur nach Köln. Auf die Startupcon, Deutschlands große Gründerkonferenz, am 27. Oktober 2016 ist es soweit. Ausrichter Christian Weis ist es mit Pudur gelungen, einen in der Tat Mega-Star für die Startupcon an Bord zu holen. Und mehr noch: Der indische Selfmade-Billionär kommt als Top-Speaker - und potenzieller Investor.

Was für eine Top-Chance

Startupper, aufgepasst! Jetzt ganz schnell 1+1 zusammenzählen, obwohl der pudursche Mehrwert durch irgendeine Zahl kaum auszudrücken ist. Allein diese Vorstellung: Am 27. Oktober lauschst du auf der Startupcon Arun Pudur - und kommst vermutlich sowas von geflasht ("motiviert" greift zu kurz) nach Hause, dass du das Gefühl hast, The Godfather of Billions hätte dich persönlich ermutigt, mit deinem frisch gegründeten Business jetzt Gas zu geben. Damit nicht genug: Im Rahmen von Pitches hast du die Chance, Arun Pudur persönlich von deiner Geschäftsidee zu begeistern. Wie gesagt: Der gute Mann ist auch als potenzieller Investor dort ...

Bis dahin schonmal googeln. Zum Beispiel Pudurs Startup Celframe (zweitgrößtes Office Productivity Suite Software Unternehmen der Welt) und natürlich auch Startupcon (fürs Ticket). Und die Geschichte vom Tellerwäscher? Vergessen wir gemeinsam. Vom "Rollerschrauber zum Billionär" klingt irgendwie praller.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Homepage der Startupcon.
http://www.startupcon.de

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Ein Blogger bei der FARC-Guerilla

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Was nimmt man mit, wenn man in ein Guerillacamp eingeladen wird? Vor dieser Frage stehe ich gerade und verteile um mich herum Klamotten und Trekking-Zubehör. Vor ein paar Tagen habe ich die Bestätigung von einer gewissen „Milena" erhalten, dass ich als Blogger an der zehnten und wohl letzten FARC-Konferenz teilnehmen darf.

Meine Euphorie für diese vermeintliche Exklusivität hat sich schnell wieder gelegt, nachdem ich in die WhatsApp-Gruppe für die „Pressevertreter" aufgenommen wurde. Hunderte Journalisten tauschen sich dort über Transport und Unterkunft aus. Dass wir eigentlich gar nicht wissen wo es hingeht, macht die Sache auch nicht wirklich attraktiver.

„Codewort Konferenz"



Es muss sich um einen Ort handeln, der irgendwo im Dschungel von Caquetá liegt, einem Departamento im Süden Kolumbiens, dass etwa die Größe Süddeutschlands hat oder besser die Ostdeutschlands ohne Thüringen. Dabei leben da aber nur etwas weniger als 500.000 Menschen und davon die meisten in der Provinzhauptstadt Florencia, die sich wie Schutz suchend an die Grenze zu den stärker bevölkerten Zonen des Landes drückt.

Am Busbahnhof in der Hauptstadt Bogotá muss man zu einer kleinen Transportgesellschaft gehen, ein „Codewort" nennen - das mit „Konferenz" nicht sehr fantasievoll gewählt wurde - und bekommt ein relativ günstiges Ticket ausgestellt. Relativ für eine 14-Stunden Fahrt - 14 kolumbianische Stunden, das heißt, es kann sehr viel länger dauern. Von Bogotá geht es nach San Vicente de Caguán an die Grenze zum Caquetá.

Dort sollen die Teilnehmer auf sogenannte Chivas verteilt werden, kleine offene Busse, deren Holzbänke schmerzlich berüchtigt sind. Mit diesen Chivas soll es über eine unbefestigte Straße in den Dschungel gehen. Nach weiteren ungenauen sechs Stunden wird man dann hoffentlich den „geheimen" Ort der Konferenz erreicht haben.

San Vicente de Caguán



Der erste Treffpunkt, San Vicente de Caguán, war vor knapp 20 Jahren schon einmal Ort von Friedensgesprächen. Der damalige kolumbianische Präsident entmilitarisierte hierfür ein 42.000km² große Fläche, in der die Guerilla sich frei bewegen konnte. Für viele Kolumbianer steht Caguán deswegen immer noch als Sinnbild für Gesetzlosigkeit, für Entführungen und Drogengeschäfte. Nachdem die damaligen Friedensgespräche grandios scheiterten, wurde der Caguán in einer gewaltigen Militäroperation mehr oder weniger zurückerobert.

Seit 2012 verhandelte die kolumbianische Regierung erneut mit der FARC-Guerilla und konnte vor knapp einem Monat den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen bekanntgeben. Die Regierung rief hierfür die Bevölkerung für den zweiten Oktober zu einem Referendum auf, um über das Abschlussdokument abstimmen zu lassen. Die FARC ihrerseits organisierte als Gegenpol zum Referendum ihre letzte Konferenz als bewaffnete Organisation, auf der formal die Ergebnisse der Verhandlungen erklärt und die Zukunftspläne der Guerilla als legale politische Partei diskutiert werden sollen.

200 Guerilleros vs. 1.000 Journalisten



Rund 200 bewaffnete Guerilleros werden sich außerdem den Fragen der knapp 1.000 Journalisten stellen müssen, die aus dem In- und Ausland anreisen. Die Sicherheit der Konferenzteilnehmer wird zum ersten Mal von der kolumbianischen Armee gewährleistet. Die größte Gefahr droht dabei von rechten Paramilitärs auszugehen, die ebenfalls in der Zone aktiv sind.

Viele in der Bevölkerung sehen den Frieden zwischen Regierung und FARC als Sieg der Guerilleros über den Staat. Bei einigen Analysten wächst deswegen die Sorge, dass radikale Teile der Bevölkerung sich den rechten Paramilitärs anschließen und so Kolumbien erneut in einen Kreislauf der Gewalt stürzen könnten.

Ich meinerseits hoffe darauf, heil im Caquetá anzukommen und auf ein erstes Interview mit einem Guerillero. Die Anzahl der Journalisten lässt dabei einen harten Kampf unter den Pressevertretern befürchten. Sobald ich meinen Rucksack endlich mal fertig gepackt habe, muss ich mich deshalb mit der Frage beschäftigen, was man jemanden fragt, der seit Jahren im Dschungel gegen einen übermächtigen Staat kämpft, in den er sich jetzt (re)-integrieren soll.

Dieser Beitrag wurde erstmals als Blog auf 'Kolumbien verstehen' veröffentlicht.


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Das Opfer der SPD

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Die SPD hat mit großer Mehrheit auf ihrem Konvent für das CETA-Abkommen mit Kanada gestimmt. Man muss den SPD-Delegierten zugute halten, dass sie dabei ohne Rücksicht auf Wähler und Mitglieder zu ihren Überzeugungen stehen und das, was sie für das Land als richtig erachten über das Wohl ihrer Partei stellen. Die SPD sagt ja zu CETA. Die Linke sagt danke für kommende Wahlsiege.

Viele SPD-Sympathisanten sind nun empört und selbst SPD-Mitglieder sehen sich durch ihre Partei nicht mehr vertreten, waren doch nicht wenige von ihnen unter den 380.000 Menschen, die am 17.9. bei bundesweiten Demonstrationen gegen CETA auf die Straße gegangen sind.

Die SPD steht jetzt als Partei da, die den Lobbyisten gefügsam ist und somit dem Beispiel der FDP folgt. Doch dies ist zu kurz gedacht. Der Preis für eine solche Lobbyistenhörigkeit wäre zu groß, als dass sie wirklich ausschlaggebend für die Entscheidung der SPD wäre.

Die SPD ist eine Volkspartei



Zu den Demonstrationen am 17.9. hatten unter anderem auch die Gewerkschaften aufgerufen, einst treue Verbündete der SPD. Kein Lobbyist könnte so viel Einfluss auf Politiker ausüben, als dass sie es sich bewusst mit allen gesellschaftlichen Verbündeten, den Parteimitgliedern und ihren Wählern verscherzen würden. Dennoch sind die SPD-Funktionäre scheinbar diesen Weg gegangen.

Tatsächlich hat die SPD aber genau das gemacht, was eine Volkspartei auszeichnet. Sie hat die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Bevölkerung aufgegriffen und in einem innerparteilichen Diskussionsprozess einen Konsens gefunden, der möglichst vielen gerecht wird, aber niemanden zu 100% befriedigt.

Hierzu gehört das Verständnis, weshalb Menschen gegen die Freihandelsabkommen sind. Anders als es die FDP behauptet, handelt sich bei den Gegnern nicht nur um "populistische dekadente Nationalisten und Antiamerikanisten", sondern viele Menschen, wie z.B. der Vorsitzende des Richterbundes, Jens Gnisa, tragen wohlbegründete juristische und demokratietheoretische Bedenken vor, auf die dann die Abkommensbefürworter gar nicht mehr eingehen. Eigentlich ist die dann von den Abkommensbefürwortern gezeigte Ignoranz eine Spezialität von Populisten.

Der Kompromiss



Die SPD-Führung hingegen ist, wohl auch unter dem Eindruck der Demonstrationen, auf die Bedenken eingegangen und hat gemeinsam mit den innerparteilichen Gegnern Punkte erarbeitet, die CETA im Sinne der Kritiker abändern.

Sorgen der Gegner waren insbesondere die Schwächung der Demokratie und die Aushölung von Umwelt- und Sozialstandards. In allen diesen Punkten ist die SPD den Kritikern jetzt soweit entgegen gekommen, dass selbst die Gewerkschaften dem Kompromiss zustimmen.

Anstelle der undemokratischen Schiedsgerichte, bestehend aus Anwälten großer privater Wirtschaftskanzleien soll jetzt ein Investorengerichtshof mit unabhängigen Richtern eingesetzt werden.

Die Umsetzung von CETA soll nicht ohne Anhörung der nationalen Parlamente und gesellschaftlicher Gruppen erfolgen, CETA-Gremien dürfen keine Rechte von Parlamenten und Regierungen beschneiden, das Vorsorgeprinzip im europäischen Verbraucherschutz soll nicht geändert werden und es soll Strafen bei Verstößen gegen Arbeits-, Sozial und Umweltstandards geben.

Viele dieser Kompromisse klingen schwammig und so, als ob am Ende als Möglichkeit auch ein faktisch unverändertes CETA rauskommen könnte, zumal CETA ausverhandelt ist und nur noch auf die Umsetzung wartet. Ein Kompromiss innerhalb der SPD bedeutet außerdem noch keinen Kompromiss innerhalb der Bundesregierung, und inwiefern die neuen Wünsche der SPD Einzug in mögliche Abstimmungen im Europaparlament oder im Bundestag finden, ist noch offen. Die Zustimmung der SPD zu CETA hingegen ist es nicht mehr.

Es besteht aber eben auch die Möglichkeit, dass CETA verändert wird, so wie das SWIFT-Abkommen zwischen den USA und der EU nochmal nachverhandelt wurde, weil die Parlamentarier die Zustimmung verweigerten als ihre Änderungswünsche nicht aufgenommen wurden. Diese Möglichkeit wurde den SPD-Abgeordneten durch diesen Kompromiss eröffnet und die Bedingungen für ihre Zustimmung wurden definiert. Es sind in vielen Teilen die gleichen Bedingungen, die CETA-Gegner vorbrachten.

Die SPD geht einen demokratischen Weg



Die SPD geht also einen normalen demokratischen Weg, der diesem Land zu sozialem Frieden und Wohlstand verholfen hat. Sie debattiert ein komplexes Problem mit allen gesellschaftlichen Gruppen, mit den Unternehmen genauso, wie mit den Vertretern der Arbeiter und Angestellten und versucht eine für alle tragbare Lösung zu finden, denn nur diese ist am Ende auch die beste Lösung für das gesamte Land.

Sie versagt allerdings bei der Kommunikation dieses gesellschaftlichen Verhandlungsprozesses, sie erklärt ihn nicht und alleine die Tatsache, dass ich als politischer Mitbewerber gerade die Aufgabe der SPD erledigen muss, zeigt ihre kommunikative Schwäche auf, die zugleich das Einfallstor für Attacken anderer Parteien auf die SPD ist.

Sie hätte außerdem nicht die Demonstrationen für die Findung eines Kompromisses abwarten dürfen, denn sie hat sich so das politische Heft des Handelns aus der Hand nehmen und von den Linken treiben lassen.


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Es gelingt der Linken und der AfD aus der Schwäche der SPD-Kommunikation Kapital zu schlagen, da sie mit einfachen und nicht mal falschen Botschaften berechtigte Sorgen der Wähler adressieren, ohne dass die SPD erklären würde, weshalb sie diese Sorgen nicht teilt.

Einfach zu erklären, dass die Freihandelsabkommen gut für die Wirtschaft sind, nimmt niemandem seine Ängste, weil mittlerweile jeder SPD-Wähler weiß, dass nicht alles, was gut für die Wirtschaft ist, auch gut für die Angestellten und Arbeiter ist. Oft genug war in der Vergangenheit das Gegenteil der Fall.

Obwohl die SPD sich somit für die Interessen des Landes und auch im langfristigen Sinne für die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler einsetzt verliert sie so folgerichtig an Zuspruch. Sie kann dabei nicht einmal auf Sympathien von FDP-Wählern hoffen, denn deren Haltung wurde von einem FDP-Mitglied auf Facebook treffend auf den Punkt gebracht:

"Die SPD hat schon öfter bewiesen, das Land über die Partei zu stellen. Eigentlich ist es eine Schande, diese Integrität nicht durch die eigene Stimme zu unterstützen. Aber ich werde bestimmt keine Steuererhöher wählen."

Am Ende sitzt sie aufgrund schlechter Kommunikation und schlechten Managements parteinterner Meinungsbildungen zwischen allen Stühlen und wird so nur eines, die Märtyrerin der nächsten Bundestagswahl.



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Dick Pick und der Glockenschlag- die Last mit den unanständigen Fotos

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Der Mann: Das Kostbarste, was er in potenten Jahren besitzt, schwillt ab und an zwischen seinen Beinen zu so etwas wie einem Gradmesser an Männlichkeit und Stolz. Richtig, ich spreche hier vom männlichen Glied.

Männer sind es von klein auf gewohnt, dieses Wunderwerk der Natur zu betrachten und zu befummeln. Was für sie schon auf dem Wickeltisch selbstverständlich ist, wird uns Mädchen sehr zielführend abtrainiert. Wir schließen die Beine, müssen nicht in der Hose kramen, um unsere gefüllte Blase zu entleeren und sind auch sonst mehr als vorsichtig mit dem, was wir „innere Werte" nennen.

Nun ist es so, dass immer mehr Singles sich auf sogenannten Online-Plattformen kennen lernen. Was früher undenkbar war, ist heute, dank Handy und Selfie, möglich. Nach kurzem Chat lässt der Mann bildlich die Hose runter und schickt der möglichen Kandidatin ein Foto seines besten Stückes in bester Form.

Für die Frau, die nach ihrem Seelenpartner sucht, ein absolutes No-Go. Schließlich sucht sie nach tiefen, echten Gefühlen und nicht nur nach Sex. Hoppla! Gibt es tatsächlich noch ein tieferes und echteres Gefühl, als mit einem Partner zu schlafen? Nun, scheinbar ist der Wunsch, einen Mann „sein eigen zu nennen" für uns immer noch von großer Wichtigkeit.

Wir suchen heute keinen finanziellen Versorger mehr. Viel schlimmer: Wir suchen den Seelenmann, der uns ergänzt und möglichst vollkommen macht. Nun, es ist also kein Wunder, dass sich die Männer überfordert fühlen. Ich kann es verstehen. Wer will schon von unserer geballten weiblichen Kraft mit Besitzansprüchen überrollt werden?

Männer sind und bleiben einfach gestrickt. Egal, wie wir es drehen und wenden. Sie suchen Sex und wenn das so einigermaßen klappt und die Frau auch dann noch ganz patent ist, ja dann kommt der Mann ins Grübeln: "Nun, mit der könnte ich vielleicht längerfristig..."

Für uns Frauen bietet sich nun die einzigartige Chance, den Mann beim Schwanz zu packen. Wenn er schon das Angebot macht, könnten wir gleich mal fragen, was er denn mit eben diesem so drauf hat. Vielleicht ist er gar nicht so auf sich bedacht, wie es den Anschein hat. Vielleicht möchte er uns erst einmal von Kopf bis Fuß massieren oder die Zunge... nun, da gibt es ja verschiedene Sachen, die uns ganz sicher Spaß bereiten. Was spricht also dagegen, sich das Foto einmal genauer anzusehen? Schließlich gibt es da ganz verschiedene Größen, Formen, Krümmungen und Handhabungen, die uns einiges über den Träger - und über unsere Lust - verraten können.

Auch wir können hier ungehemmt erzählen, was uns so richtig gut gefallen würde. Vielleicht gehört das Foto nicht dazu, okay , aber dann weiß er wenigstens, was Sache ist. Hat sich ein Paar erst einmal gefunden, versiegt die Möglichkeit, so unbefangen über Sex zu chatten. Irgendwann reden wir leider nicht mehr darüber. Wir lassen es geschehen oder nehmen es so hin.

Hauptsache, die inneren Werte stimmen? Die Folge: Lustlosigkeit, über die wir alle klagen. Ohne uns bewusst zu machen, dass es an mangelnder Kommunikation und Experimentierfreude liegen kann.

Zwei Drittel aller in einer Partnerschaft lebenden Menschen sind mit ihrem Sexleben unzufrieden. Bei 17 % aller Paare schläft der Sex gleich ganz ein. Statistiken, die belegen wollen, dass glückliche Paare einmal in der Woche den Beischlaf praktizieren, überhäufen uns. Und trotz alledem spielen wir das "Rühr-mich-nicht- an".

Keine Generation vor uns hatte es so einfach, sich die Details anhand von Fotos mal eben über den Äther zu senden. Anstatt das zu genießen und über Sex zu reden, vermiesen wir uns oftmals selbst die Chance auf einen Mann, der garantiert alles daran setzen würde, uns im Bett (und auch sonst) glücklich zu machen. Was kann er uns schon noch anderes anbieten, als das, was für ihn von elementarer Wichtigkeit ist? Alles andere haben wir ja schon, denn Super-Mehrfach-Orgasmus-Vibrator eingeschlossen.

Also Mädels, wenn auch euch so ein Dick Pic erreicht, seht es ihm nach.

Und für die Mutigen: Handy raus, Pulli hoch und klick! Dann weiß auch er, was die Glocken geschlagen haben.

Eure Mina

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7 Gründe, warum eure TTIP-Ablehnung lächerlich ist

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Nun waren also viele Tausend auf der Straße, um gegen TTIP in CETA zu demonstrieren. Sie wollen keinen Freihandel mit Amerika, während sie in amerikanische Markenkleidung eingehüllt mit ihrem iPhone stolz Bilder auf Facebook und Twitter teilen, um anschließend zu McDonalds zu gehen.

Lächerlich ist dies aus diesen 7 Gründen:

1. Ihr wisst nicht, wogegen Ihr überhaupt demonstriert

Zum jetzigen Zeitpunkt steht nur eines fest: Wenn TTIP ratifiziert wird, fallen die Zollschranken. Das ist der Kern dieses Abkommens. Alles andere ist unbekannt oder noch nicht spruchreif. Schließlich finden die Verhandlungen gerade erst statt. Ihr demonstriert also gegen etwas, von dem Ihr überhaupt nicht wisst, was es ist. Aber gut, in Deutschland kann man auch gegen Kernenergie sein, ohne den Unterschied zwischen Alpha-, Beta- und Gammastrahlung zu kennen.


2. Ihr bejammert geheime Verhandlungen - habt aber Angst, dass sich die EU von den USA über den Tisch ziehen lässt

Das immer wieder gehörte Argument ist, dass die Verhandlungen ja geheim seien, während gleichzeitig jeder weiß, dass sich die EU von den USA über den Tisch ziehen lässt. Also geht Ihr in eine Gehaltsverhandlung und sagt dem Arbeitgeber: "Ich verlange 40.000 Euro im Jahr, aber ich will den Job unbedingt, daher würde ich auch 30.000 akzeptieren!"? Was wäre da wohl die Antwort? "Wir bieten Ihnen 30.000 Euro Gehalt!"

Verhandlungen sind immer geheim



Wie soll die EU denn verhindern, auf diese Art und Weise über den Tisch gezogen zu werden, wenn sie die Karten von Beginn an auf den Tisch legt? Überhaupt, welche Verhandlungen sind denn nicht geheim?

Werden die nun anstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin etwa im Fernsehen übertragen werden? Es ist ja schließlich nicht so, dass das ausgehandelte Vertragswerk anschließend ebenfalls geheim wäre. Nein, wenn TTIP spruchreif ist, dann wird es jeder herunterladen, durchlesen und kritisieren können.

3. Ihr wollt amerikanische Produkte, aber mehr dafür bezahlen

Auf meiner Facebook-Seite habe ich mich über ein Bild lustig gemacht, wo eine Anti-TTIP Demonstratin in Nike-Turnschuhen bei McDonalds einkehrt. Auf meiner Seite führte dies natürlich zu dem besonders schlauen Kommentar, dass amerikanische Produkte ja gar nichts mit dem Freihandel zu tun hätten.

Stimmt. Die Produkte kommen auch jetzt herüber. Was bedeutet, dass Ihr amerikanische Produkte haben wollt. Nur scheinbar wollt Ihr unbedingt Zölle dafür bezahlen.

4. Ihr glaubt, genetisch veränderte und menschenfressende Chlorhühnchen schnappen dann aus den Kühlregalen nach Euch

Davon abgesehen, dass das Chlorhühnchen gesünder ist, als das Deutsche, werden genau darüber Verhandlungen geführt. Weil Freihandel die Produkte günstiger macht - wovon wir alle profitieren - gleichzeitig aber unterschiedliche Standards auf beiden Seiten des Ozeans herrschen. Gerade damit Ihr vor Euren gefährlichen Hühnchen geschützt bleibt, wird verhandelt.

Gentechnik ist ungefährlich



Davon abgesehen, dass Gentechnik völlig ungefährlich ist und bei Billionen und Billiarden verzehrten Mahlzeiten mit gentechnisch veränderten Bestandteilen nicht ein Fall aufgetreten ist, bei dem Schäden angerichtet worden wären, kann am Ende dieser Verhandlungen durchaus stehen, dass Lebensmittel von dem Freihandelsabkommen ausgenommen bleiben. Dazu muss aber überhaupt erst einmal verhandelt werden.

Was übrigens im Interesse der Amerikaner wäre, schließlich sind Lebensmittelstandards in den USA oft höher als in Deutschland und der EU! Contergan wurde übrigens in den USA nicht durch die FDA freigegeben, weil die Tests für amerikanische Standards völlig unzureichend waren...

5. Ihr habt Angst vor guten Produkten

Natürlich habt Ihr auch Angst, dass durch den Freihandel deutsche Unternehmen pleite gehen werden. Das wird sogar ziemlich sicher passieren. Allerdings nur bei Unternehmen, die ausgesprochen schlechte Produkte anbieten und dabei völlig unflexibel sind. Und während dann einzelne Unternehmen pleite gehen, werden die 80 Millionen Menschen in Deutschland davon profitieren, weil sie ab sofort bessere Produkte zu günstigeren Konditionen bekommen.

Freihandel muss nämlich nur fürchten, wer ausgesprochen schlecht ist. Nur dann braucht er Schutzzölle, die andere Produkte künstlich verteuern. Und während es ihm selbst und seinen Mitarbeitern hilft, schadet es dem ganzen Land.

Unnötige Kosten



Nehmen wir an, deutscher Stahl ist teurer als Amerikanischer und es gibt daher einen Schutzzoll, um amerikanischen Stahl am Ende teurer als deutschen zu machen. Davon profiteren eine Handvoll Stahlhütten.

Gleichzeitig bedeutet dies aber für den deutschen Maschinenbau, die deutsche Automobilindustrie, für die deutschen Baukonzerne, für den deutschen Schiffbau, für den deutschen Flugzeugbau, ja selbst für die deutschen Konservenfabriken (sofern sie kein Alu verwenden), dass ihr Stahl unnötig teurer wird.

Selbst Eure Pfanne und Euer Grill werden damit unnötig teurer. Am Ende bezahlen 80 Millionen Kunden in Deutschland mehr als nötig, weil ein paar deutsche Stahlwerke nicht modernisieren wollen oder zu unflexibel sind, um effizienter zu werden.

Freihandel wird dafür sorgen, dass nur die besten Produkte sich durchsetzen. Während für uns der Laptop billiger wird, werden deutsche Autos in den USA günstiger werden, was ihren Marktanteil dort steigern wird. Denn weder Porsche, noch BMW, noch Mercedes brauchen Angst vor Freihandel zu haben.

6. Ihr lasst Euch von Sozialisten und Antiamerikanern einspannen

Ihr werdet instrumentalisiert und merkt es nicht einmal. Die EU hat aktuell 27 Freihandelsabkommen und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit weiteren 23 Ländern. Gegen wie viele davon habt Ihr demonstriert? Gegen wie viele davon haben Aktivisten mobil gemacht?

Warum aber ist TTIP dann auf einmal so ein Thema? Natürlich, weil es mit den USA geschlossen werden soll. Das bedeutet nicht, dass jeder von Euch ein Anitamerikaner ist und aus reinen Ressentiments gegen das Abkommen ist. Es bedeutet nur, dass Ihr Euch von solchen Menschen benutzen lasst.

Freihandel nutzt uns allen



Freihandel nutzt allen Beteiligten, weil er Produkte günstiger und Firmen wettbewerbsfähiger macht. Das alles geschieht zum Wohle der Konsumenten, also zum Wohle von uns allen. Schließlich sorgt Freihandel für größere Märkte und mehr Konkurrenz. Dinge, von denen Unternehmen nur profitieren können, wenn ihre Produkte gut sind. Was wiederum gut für die Menschen ist.

Wirtschaftlich spricht gegen Freihandel also nur, dass damit mehr Markt entsteht, was Sozialisten bekanntlich nicht passt. Zusammen mit der antiamerikanischen Komponente lasst Ihr Euch also von verbohrten Ideologen ausnutzen.

7. Schiedsgerichte sind notwendig und Alltag

"Aber die Schiedsgerichte..." hört man dann. Ja, und? Schiedsgerichte sind notwendig! Was soll BMW denn machen, wenn es in den USA nach Zusicherung der Regierung ein großes Areal kauft um dort eine Fabrik hinzubauen, Millionen investiert, nur um anschließend zu erfahren, dass die US-Regierung Gesetze geändert hat, die das nun verbietet?


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Was soll RWE machen, wenn es in Kalifornien Kraftwerke bauen will, Millionen und Milliarden in die Infrastruktur und Nutzungsrechte investiert, nur um dann das Gebiet von der Regierung zum Naturschutzgebiet erklärt zu bekommen?

Sollen sie vor ein US Gericht gehen und klagen? Vor ein Gericht, das an US-Gesetze gebunden ist, die ja gerade den Bau dieser Anlagen verhindern? Oder sollen die Konzerne vor dem Landgericht Oldenburg Klage einreichen, was die USA sicherlich in die Knie zwingen wird?

Wirtschaftsabkommen in der EU



Wie sollen diese Unternehmen denn Ihr Recht bekommen, ohne dass sich alle Beteiligten auf eine über den beiden nationalen Gerichtsbarkeiten stehende Instanz geeinigt haben? Staaten gehen zur UNO und zu anderen internationalen Organisationen. Wo sollen Unternehmen hin?

Darüber hinaus gibt es bereits zahllose Schiedsgerichte, weil auch die EU ja bereits eine Vielzahl an Wirtschaftsabkommen mit Drittstaaten abgeschlossen hat. Nicht nur das, Schiedsgerichte sind gerechter und die meisten Kläger kommen nicht etwa aus den USA, sondern aus Europa!

Ist ein wenig Warten wirklich zu viel verlangt?




In Österreich lehnen 73 Prozent das Freihandelsabkommen mit Canada, CETA, ab. Gleichzeitig wissen aber 78 Prozent laut eigener Aussage nicht, worum es überhaupt geht. In Deutschland dürfte es, auch im Bezug auf TTIP, nicht viel anders sein. Schließlich gibt es auch noch nicht viel zu wissen. Immerhin liegt TTIP noch nicht einmal vor. Das Abkommen ist ja noch nicht einmal fertig.

Ist es wirklich zu viel verlangt, mit der Ablehnung erst einmal so lange zu warten, bis man etwas hat, das man tatsächlich kritisieren kann?

Aktuell wisst Ihr nicht einmal, wovon Ihr überhaupt redet! Ich übrigens auch nicht. Deshalb bin ich auch nur für Verhandlungen und während ich immer für Freihandel bin, kann der in einer extrem regulierten und subventionierten Welt leider nicht immer nur mit dem einen Satz "Es herrscht Freihandel." beschlossen werden.

Sollte das Abkommen sich tatsächlich als katastrophal erweisen, werde ich mich selbstverständlich auch dagegen stellen. Aktuell weiß aber noch keiner, worum es überhaupt geht.

Torsten Heinrich ist Autor von Nein, wir schaffen das nicht!: Warum die aktuelle Flüchtlingskrise zu einer Staatskrise wird, das im JUWELEN-Verlag erschienen ist.

Analysen zur Geopolitik, Sicherheitspolitik, Gesellschaft und Freiheit auf torstenh.de. Dieser Artikel erschien zuerst auf torstenh.de



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Japanische Kampfhörspiele - The Golden Anthropocene Kritik

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Die Grindcoreband Japanische Kampfhörspiele, auch kurz JaKa genannt, kommt zwei Jahre nach "Welt ohne Werbung" (ihre Reunion-Album, wenn man so möchte) mit "The Golden Anthropocene" zurück und stoßen uns wieder vorm Kopf mit Texten, die wirr erscheinen mögen und mit Musik, die - wie gehabt - Grenzen sprengt.

Ich behaupte nicht, dass ich jeden Text verstehen würde und darüber referieren könnte, aber ich mag es, wenn man dabei hin und wieder überlegen muss - bei JaKa ziemlich oft. Das gibt Bonuspunkte. Anere geben sich mit dem Nichtverstehen zufrieden, der größte Teil - wie ich insgeheim hoffe - überlegt halt eine Weile.

Was die Musik angeht: Abwechslungsreich wie eh und je. Gut, die Musikrichtungen sind beschränkt. Aber wenn man Japanische Kampfhörspiele zum Grindcore zählt kommen da gut und gerne ein halbes Dutzend Genres zum Vorschein. Death Metal, Black Metal, Thrash Metal, Grindcore, Mathcore um mal einige Beispiele zu nennen.

"The Golden Anthropocene" ist eigentlich ein Grund zum Feiern. Neues Album von JaKa, also warum nicht? Warum der Beigeschmack? Sänger Bony - eine der beiden Stimmen in der Band - hat seinen Ausstieg verkündet. Ersatz ist schon gefunden und kann auf dem Album gehört werden. Klingt ordentlich. Bin gespannt, wie es dauerhaft laufen wird.

Insgesamt beschäftigt sich JaKa hier mit Pornokonsum, Internet, Konsum, Krieg und anderen (un)menschlichen Ideen von einem schönen Leben. Wie immer gut und mit lesenswerten Texten, die Musik reißt von Beginn an mit. Was möchte man mehr von einem Album? Richtig. Kaum etwas.

Punkte: 9 von 10
Hier könnt ihr das Album kaufen.

Leserumfrage: Wie fandet ihr uns heute?

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Zukunft, das sind wir alle!

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Nie zuvor hatten wir so viele Möglichkeiten, Zukunft zu gestalten. Mehr als für die Vergangenheit hatte sich schon Albert Einstein für sie interessiert, denn in ihr gedachte er zu leben. Gemäß dem Motto „Zukunft, das sind wir alle und Zukunft gestalten, das können wir alle" haben Prof. Dr. Rolf Kreibich, einer der führenden Zukunftsforscher Deutschlands sowie Mitglied des Weltzukunftsrats, und Fritz Lietsch, Wegbereiter der Green Economy, das Buch „Zukunft gewinnen!" herausgegeben.

Sie wurden inspiriert vom Publizisten, Zukunftsforscher und Visionär Robert Jungk, dem ihr Buch gewidmet ist. Er und seine Wegbegleiter haben in vielen Bereichen dazu beigetragen, dass wir heute so leben können, wie sie es damals initiiert haben: vom Ausstieg aus der Atomenergie über Biolandwirtschaft, Solarenergie bis zu Partizipation, nachhaltlicher Entwicklung und demokratischer Gestaltung.

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Enthalten sind Beiträge prominenter Autoren und Wegbegleiter wie Horst W. Opaschowski, Ernst Ulrich von Weizsäcker und Sarah Wiener, die ermutigen, die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

All diese Verflechtungen gesellschaftlicher Texturen gehören auch zum Lebensgewebe von Fritz Lietsch, der sich sicher ist, dass die Zukunft der Gemeinschaft, der Kooperation, dem Respekt und der Liebe zum Leben gehört.

Deshalb ist das Buch zugleich auch der bleibende Rahmen eines sinnerfüllten Lebensbildes:

Lietsch studierte Betriebswirtschaft sowie Markt- und Werbepsychologie als Rüstzeug für die Gestaltung einer neuen Wirtschaft, einer „Alternativwirtschaft". In einem speziell dafür gegründeten Verlag förderte er mit einem jungen Team alternative Produkte und Dienstleistungen durch Kommunikationsprojekte wie das Alternative Branchenbuch, das Öko-Partner-Haus, die Bionale, Radio Grünstreifen.

Heute vernetzt er Zukunftsgestalter durch Magazine und Internetportale wie forum Nachhaltig Wirtschaften und ECO-World.

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Foto: Fritz Lietsch

Noch während der Lektüre des Buches spürte ich, wie Themen, die mich seit Jahren in diesem HuffBlog beschäftigen, mit denen des Herausgeberbandes verschmolzen. Der Blog hat viel mit meiner Suche nach einer zusammenfassenden Denkweise zu tun, die sich jedoch erst in Ergänzung mit den Inhalten dieses Buches wirklich offenbart.

Doch wie kann es gelingen, ein Konzentrat daraus zu „gewinnen", und wie kann es in Beziehung gesetzt werden zu dem, was im Blog bereits vorhanden ist? Wie wird aus all den Einzelteilen ein lebendiges Ganzes?

Wie so oft scheint mir auch hier der alphabetische Ansatz sinnvoll, weil er einerseits einem nachvollziehbaren Ordnungsprinzip entspricht, andererseits aber keine strenge thematische Priorisierung vornimmt und zeigt, dass alles mit allem zusammenhängt: Kleines und Großes, Wort und Tat, Wirklichkeit und Möglichkeit.

Die thematisch zugeordneten HuffBlog-Beiträge sind jeweils am Anfang der erläuterten Begriffe verlinkt. Die Auswahl ist von meinen persönlichen Interessen und Schwerpunkten geprägt. Aber so soll es auch sein, denn Nachhaltigkeit ist nur lebendig, wenn sie im Persönlichen verwurzelt ist.

Zukunft gestalten von A bis Z

Authentizität


Peter Spiegel verweist in seinem Beitrag darauf, dass Robert Jung oft den Verlust an Echtheit, an Authentizität beklagte.

Bauchgefühl


Sarah Wiener plädiert im Zusammenhang mit einer ökologischen Lebensweise: „Verlassen wir uns auf unseren Hausverstand und unser Bauchgefühl."

Boden

Für Sarah Wiener ist unsere Zukunft der gesunde Boden, auf dem 95 Prozent unserer Lebensmittel wachsen. Sie verweist darauf, dass Monokulturen mit Totalherbiziden und Kunstdünger am Überleben gehalten werden und die Böden auslaugen.

Denken


Das Buch ist ein Plädoyer für eine neue Denkkultur, die dadurch geprägt ist, dass unterschiedlichste Ansätze und Dinge in Beziehung gesetzt und dem „Dazwischen" mehr Beachtung geschenkt wird.

Nach Ansicht von Michael F. Jischa ist heute vor allem mehr Anschlussfähigkeit gefordert, um problemadäquat reagieren zu können.

Elite


Mathias Greffrath widmet sich der Besonderheit des Jungkschen Journalismus, der dem gesunden Menschenverstand näher stand als der elitären Wissenschaft.

Empathie


Es wird in jedem Beitrag die ausgeprägte Empathie von Robert Jungk hervorgehoben.

Engagement


Die Saat des nachhaltigen Engagements der vergangenen Jahrzehnte ist aufgegangen, sagt Fritz Lietsch: So seien viele erfolgreiche Unternehmen entstanden, die auf ihre Weise die konventionelle Wirtschaft beeinflusst und bewiesen haben, dass es auch umweltbewusst und fair geht.

Entscheiden


Unser Entscheiden reicht weiter als unser Erkennen. Der Beitrag von Michael F. Jischa widmet sich der Frage, wie wir mit Nichtwissen in Entscheidungsprozessen umgehen sollten.

Evolution


Werner Mittelstaedt weist nach, dass kleine Schritte die großen Schritte in der Evolution bedingen.

Abgeleitet aus der Evolutionstheorie sei die einzige realistische Perspektive, dass „Oasen der Nachhaltigkeit" entstehen: mit einzelnen Menschen, kleinen Orten, Regionen und zunächst einigen wenigen Ländern: „Sie werden Vorbilder für andere sein und die große Transformation wird folgen."

Gärtner


Fritz Lietsch verweist auf die Geduld des Gärtners: Nach dem Säen gilt es zu warten bis der Samen aufgeht - „dann will das kleine Pflänzchen gepflegt werden und es braucht seine Zeit um zu wachsen. Ernten kann man erst, wenn die Zeit reif ist".

Gemeinschaft


Für Sarah Wiener bedeutet eine nachhaltige Lebensweise: „Essen wir wieder bewusster.
Gemeinsam an einem Tisch, mit Freunden und der Familie. Essen wir nur das, was auch unsere Großeltern als essbar erkannt hätten, und verzichten wir auf Produkte, deren Etikett wir nicht verstehen oder dessen Intransparenz uns nicht sagt, woher die Gewürze, das Salz, die Inhaltsstoffe, die Eier, das Fleisch und anderes kommen."

Gemeinwohlökonomie


Das Thema Gemeinwohlökonomie, das gerade bei engagierten und dynamischen Unternehmen und Regionen immer mehr Anhänger findet, ist ein wichtiger inhaltlicher Bestandteil des Buches.

Klein


Werner Mittelstaedt widmet sich dem Leitbild von „big, bigger, biggest", das einem „small, smaller, smallest" weicht.

Komplexität

Michael F. Jischa fragt: Wodurch sind dynamische Systeme charakterisiert? Welche Probleme können bei der Steuerung von komplexen Systemen auftreten? Einfache Rezepte beim Umgang mit Komplexität wird es seiner Ansicht nach nicht geben.

Können

Peter Spiegel nimmt in seinem Beitrag Bezug auf Gerald Hüther, der bestätigt, dass es heute weit mehr darauf ankomme, was man kann, als was man weiß. Weitsichtige Unternehmen und Organisationen entwickeln deshalb auf das Können ausgerichtete Leistungserkennungskonzepte.

Krise

Rolf Kreibich verweist darauf, dass die Zukunftsforschung schon vor über einem Jahrzehnt die Krise und den Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems sowie die damit verbundenen negativen Folgen vorhergesagt und grundlegende Reformen gefordert hat.

Kühe


Sarah Wiener kritisiert in ihrem Beitrag auch die maximale Milchausbeute einer „Turbo-Kuh" sowie die gegenwärtige Art von industrieller Landwirtschaft, die wir uns schlicht nicht mehr leisten können!

Landwirtschaft


Mathias Greffrath beschreibt die Rationalisierung der Landwirtschaft.

Machen


„Nein"-Sagen und Protest reichen laut Fritz Lietsch alleine nicht aus. Gefragt sind heute „ein Ja-Sagen und konkrete Alternativen". Sie für Wirtschaft und Gesellschaft zu entwickeln verlangt „echtes Zupacken" und Unternehmergeist, „denn etwas unternehmen ist das Gegenteil von unterlassen".

Öko-Pioniere


Anhand zahlreicher Beispiele weist Fritz Lietsch nach, dass heute viele der „verrückten Ökos" von damals erfolgreiche Unternehmer sind.

Optimismus


Jungk war zeitlebens vom lebensbejahenden, großzügigen und tatkräftigen Optimismus seines familiären Umfelds geprägt.

Spiele

Der Kybernetiker Frederic Vester stehen im Mittelunkt des Beitrags von Michael F. Jischa. Im Fokus steht das von ihm entwickelte Spiel „Ökolopoly" (als Brettspiel und als Simulationsspiel in einer PC-Version erschienen, in einer späteren Fassung „Ecopolicy" genannt).

Transformation


Ernst Ulrich von Weizsäcker widmet sich der Großen Transformation und ihren Gefahren. Hans Holzinger berichtet über das Gelingen der Großen Transformation: Es geht um den Übergang von verbrauchsintensiven Konsumgesellschaften hin zu verbrauchsarmen Nachhaltigkeitsgesellschaften.

Überraschungen


Da die wahrnehmbare Welt von Nichtlinearitäten geprägt ist, neigt sie auch im Zeitalter der Algorithmen zu Überraschungen. Dieser Thematik widmet sich ausführlich Michael F. Jischa.

Visionen

Zukunft gewinnen können wir nur durch Visionen und Gestaltung (Rolf Kreibich).

Wachstum

Jungk hat schon früh vor den Gefahren unkontrollierter Technik und zügellosem Wachstum gewarnt.

Zahlen


Hans Holzinger verweist darauf, dass wir mit brisanten Zahlen hofften, den Umschwung auch bei denen herbeizuzwingen, die nur an Zahlen glauben, allerdings verändern Zahlen keine Menschen. Sie allein vermögen „nicht den Impuls zur Veränderung anzustoßen".

Zukunft

Zukunft sollte nach Jungk von möglichst vielen Menschen, besonders von der Jugend, mitgestaltet werden.

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Warum anonyme Bewerbungen ihre Chancen steigern können

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Auch erfahrene Personalleiter geben es zu: "Ich schaue auf das Foto, auf das Geburtsdatum und auf denLebenslauf und habe dann schon bestimmte Bilder im Kopf. Ich gehe durchaus nach Sympathie und wenn ich auf die Qualifikation schaue, kann ich meine eventuellen Vorurteile nicht ganz ablegen, auch wenn ich noch so sehr versuche, professionell vorzugehen", erläutert die erfahrene Personalreferentin Konstanze Sammer, die für das Personalrecruiting in einem mittelständischen Unternehmen mit 500 Mitarbeitern tätig ist.

Politik ist aufgewacht



Immer wieder wird inzwischen auch in Deutschland über den Sinn und Unsinn von sogenannten anonymen Bewerbungen diskutiert.

Doch was ist eine anonyme Bewerbung? Die Bewerber verzichten sowohl im Anschreiben als auch im Lebenslauf auf jegliche Hinweise auf Namen, Geschlecht, Nationalität und Geburtsdatum. Auch Zeugnisse und Zertifikate werden zunächst nicht beigefügt. Wer seine Bewerbung per e-Mail versendet, sollte auch beim Absender darauf achten, dass die Kennung neutral ist.

Objektive Voraussetzungen für die Bewerber



So soll aus Unternehmenssicht eine vollständig objektive Auswahl an Kandidaten erfolgen. Erst nachdem die Unterlagen gesichtet und potenzielle Kandidaten zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, erhalten die Verantwortlichen die persönlichen Informationen der Bewerber. In den USA sind derartige Verfahren seit langem normaler Standard.

In Europa entwickelt sich erst langsam diese Kultur. Jüngst bemerkte der inzwischen zurückgetretene britische Premierminister James Cameron, dass in seinem Land heute Menschen mit einheimisch klingenden Namen fast zweimal so häufig eine Reaktion auf ihre Bewerbung bekämen wie Menschen mit ausländisch klingenden Namen - auch, wenn sie genau die gleiche Qualifikation hätten.

Cameron nannte dafür ein Beispiel: "Ein schwarzes Mädchen musste erst ihren Namen in 'Elizabeth' ändern, bevor sie eine Einladung zum Jobinterview bekam. Das ist im Großbritannien des 21. Jahrhundert eine Schande", so der Premierminister.

Deutschlands Erfahrungen



Auch in Deutschland haben zahlreiche Bewerber und Bewerberinnen ähnliche Erfahrungen gemacht. Denn in der Tat, das ergaben die Ergebnisse einiger Projekte mit anonymisierten Bewerbungen, ein durchaus positives Ergebnis.

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, unterstrich: "Die Ergebnisse der Zwischenanalyse bestärken uns in der Auffassung, dass anonymisierte Bewerbungsverfahren auch in Deutschland mit seiner sehr traditionellen Bewerbungskultur durchführbar sind. Dabei sollten anonymisierte Bewerbungsverfahren nach dem Willen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes freiwillig bleiben.

Die Befürchtungen in Teilen der Wirtschaft, das neue Verfahren sei enorm aufwändig und praktisch nicht umsetzbar, haben sich als unbegründet erwiesen. Vielmehr wird das neue Verfahren in der Tendenz sowohl von den Personalverantwortlichen als auch von den Bewerbenden als unproblematisch empfunden." 

"Wir wissen, dass die Unternehmen, gerade im Mittelstand, einen höheren Aufwand bei anonymen Bewerbungen haben, aber im Sinne der Chanchengleichheit, der auch im Allgemeinen festgeschrieben ist, können sich anonyme Bewerbungen durchaus als sinnvoll herausstellen", sagt Annette Vasquez, Geschäftsführerin der serviceline Personal-Management GmbH.


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Die Personalmanagerin verwies auf einige Pilotprojekt die gezeigt hätten, dass mit der Anonymisierung von Bewerbungsverfahren unbewusster oder bewusster Diskriminierung erfolgreich entgegengewirkt werden kann. Vielfach herrsche nach der Anonymisierung von Merkmalen wie Name, Geschlecht, Alter und Herkunft sowie dem Verzicht auf ein Bewerbungsfoto Chancengleichheit unter den Bewerbenden.

Chancengleichheit



Innerhalb der anonymisierten Bewerbungsverfahren haben also potenziell benachteiligte Gruppen die gleiche Chance auf eine Einladung zu Vorstellungsgespräch oder ein Assessement. Auch würden im Vergleich Frauen von anonymisierten Bewerbungsverfahren besonders profitieren können.

Das gilt etwa für jüngere Frauen, die bereits Berufserfahrung haben und zum Beispiel aufgrund ihres Alters einen möglichen Kinderwunsches haben könnten. Auch die Chancen für Bewerber mit Migrationshintergrund seien gestiegen.

Nur in der ersten Runde



Allerdings betrifft dies nur die erste Runde des Auswahlprozesses. "Eine Garantie für eine unvoreingenommene Auswahl eines Kandidaten ist dies noch lange nicht", gibt die Geschäftsführerin von serviceline Personal Management zu bedenken: Bewerber können im Vorstellungsgespräch nach dem persönlichen Kennenlernen letztendlich trotzdem aufgrund von Vorurteilen ausgeschlossen oder bevorteilt werden.


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Was ich von den Amerikanern nach 9/11 gelernt habe

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Letzte Woche war der 15. Jahrestag von den 9/11 Terroranschlägen in den USA. Weißt Du noch wo Du an dem Tag warst? Ich war in einem Irish Pub in Salzburg. Am Fernseher hinter der Bar lief CNN. Beide Türme standen noch. Ich fragte den Barkeeper was passiert war und er erklärte mir, dass zwei Flieger in die Türme des World Trade Centers in New York geflogen waren. Naiv fragte ich, ob es ein Unfall war.

"Das glaub ich eher nicht..." Ich war eigentlich nur in das Irish Pub gegangen, weil ich eine Reservierung fürs Wochenende bestätigen wollte, aber ich blieb um die Geschehnisse weiterzuverfolgen. Das war das erste Mal, dass ich als Frau ohne Begleitung in einer Bar saß. Je länger ich auf den Fernseher starrte, umso mehr Panik bekam ich. Warum? Weil ich bereits ein Ticket für meinen Umzug in die USA für den 21. September in der Tasche hatte.

Bald wurde es klar, daß ich in ein Land ziehen werde, das in einen Krieg verwickelt sein wird. Was bedeutet das? Weitere Anschläge in den USA? Kämpfe auf der Straße? Fallende Bomben? Ich wußte nicht, was mich erwarten würde. Als ich am Flughafen LAX in Los Angeles ankam war dieser voll mit bewaffneten Soldaten und Polizisten.

Hubschrauber kreisten über der Stadt. Es kam mir vor wie im Film. CNN lief bei mir den ganzen Tag und die ganze Nacht. Wenn ich heute darüber nachdenke, bin ich mir nicht sicher, was es brachte nonstop die Nachrichten anzusehen, aber ich war besessen die News zu verfolgen und keine Neuigkeit zu verpassen.

Ich komme von einem kleinen Bauerndorf in Österreich wo die Einwohner vor Allem außerhalb des Dorfes Angst hatten. In dem Dorf wo ich aufwuchs waren die Leute so ängstlich, daß sogar der Gedanke in die Hauptstadt Wien zu fahren Stress auslöste. Für sie war Wien Sodom und Gomorrah - ein Ort wo Kriminalität und Drogen die Straßen regierten.

Sie waren von den Menschenmassen überfordert und dachten die Wiener seien unhöflich, weil sie nicht auf der Straße grüßten. Diese Einstellung ging natürlich nicht an mir vorbei.

Man kann sich also vorstellen, wie die Angst mich fesselte als ich nach 9/11 nach Amerika zog. In den ersten Wochen gab es Tage an denen ich das Haus nicht verließ. Wenn ich doch rausging und es wurde dunkel, als ich noch unterwegs war, rannte ich nach Hause aus Angst überfallen zu werden.

Was mich verblüffte war, daß niemand um mich herum so sehr Angst hatte wie ich. Warum nicht? Hatten sie sich an die Kriminalität gewöhnt? Los Angeles ist eine große Stadt und Nachrichten über Kriminalität und Tod füllten jede Zeitung jeden Tag. Als die Tage, Wochen und Monate vergingen - und auch der Krieg in Afghanistan und später im Irak voranschritten - verfloß die Angst nach 9/11 und das Leben nahm seine Lauf.

Wieso war es den Amerikanern möglich diese Angst zu überwinden? Als ich es endlich verstand, war es eigentlich ganz einfach: sie wollten nicht, daß Angst ihr Leben beherrschte. Sie wollten nicht, daß die Geschehnisse von 9/11 ihr Leben einschränkte. Eher das Gegenteil war der Fall - jetzt wollten sie das Leben erst recht zelebrieren. Carpe Diem, wenn man so will. Die Mentalität des Dorfes mit der ich aufwuchs, drehte sich nur um Angst.

Jeder Fremde war verdächtig. Das Unbekannte war gefährlich. Niemand riskierte etwas und die Menschen blieben meist in ihrem 'sicheren' Zuhause. Ich kenne Leute in dem Dorf, die jedes Jahr an den gleichen Strand in Italien fuhren. Den kannten sie und was anderes wollten sie nicht kennenlernen.

Plötzlich war ich in dieser ganz anderen Welt wo das Unbekannte eher neugierig machte. Alles drehte sich um Abenteuer, darum Neues zu entdecken und auszuprobieren. Und die Amerikaner wollten nicht, daß 9/11 ihre Lebenslust einschränkte.

Wenn ich zurückblicke, war dies eine der wertvollsten Lektionen die ich in meinen 10 Jahren in Kalifornien lernen durfte. Ich habe gelernt mein Leben nicht von Angst beherrschen zu lassen und habe Sachen gemacht die ich wahrscheinlich nie gemacht hätte, wenn ich das kleine Dorf nicht verlassen hätte.

Ich hab Wakeboarding gemacht, ich bin allein gereist, ich bin in einem Hubschrauber geflogen, ich habe Klapperschlange gegessen (auf diese 'Erfahrung' hätte ich verzichten können), ich war auf Parties in fragwürdigen Gegenden bis in die frühen Morgenstunden, ich hab mich aus einer lieblosen Beziehung befreit, I hab gelernt meine Angst in der Öffentlichkeit zu sprechen zu akzeptieren und habe es trotzdem gemacht, und, am Wichtigsten von allen Erfahrungen: ich hab meinen Lebenstraum erfüllt ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen.

Jeder Schritt, egal ob groß oder klein, um Angst zu überwinden, und jeder Moment, egal ob Sekunden oder Stunden, um das Leben zu genießen sind Erkenntnisse für die ich unendlich dankbar bin! Oberflächlich betrachtet, mag es wie eine Kleinigkeit erscheinen, aber für mich war es eine Erkenntnis, die mein Leben veränderte und mich zu einer glücklicheren und erfüllteren Person machte.

Mehr zu meinem 'American life' kannst Du in meinem Buch 'LAlien-From the Austrian Alps to the Hollywood Hills' nachlesen. Erhältlich auf Amazon.

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Warum der alte Knigge immer noch brandaktuell ist

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Das aktuelle Büchlein von Max Scharnigg ist ein nachhaltiger Leseschmaus, der nicht nur mit dem Besteck des menschlichen Verstandes zerlegt werden, sondern auch ganz mit dem Herzen aufgenommen werden sollte. Jede Seite ist so gehaltvoll wie unterhaltsam. Es finden sich "erlesene" intellektuelle Vorspeisen, Haupt- und Nachgänge, schnell und schwer Verdauliches, klug arrangierte Worte.

Je mehr Verantwortung in der Gesellschaft abgegeben wird, desto mehr verstärkt sich das menschliche Bedürfnis, sich eine eigene Haltung zu verschaffen oder zu bewahren, die sich auch in gutem Benehmen zeigt.

Scharnigg beweist Geschmack in einer Zeit, in der so vieles geschmacklos scheint - besonders in der virtuellen Welt, die ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden ist, in dem die Grenzen zwischen digitalem und analogem Erleben immer mehr verschwimmen.

Der Titel "HERRN KNIGGE GEFÄLLT DAS!" verweist einerseits auf die Aktualität von Knigges Grundsätzen und ist andererseits eine Anspielung auf das digitale "Gefällt mir".

Knigge ist immernoch gültig



Der alte Knigge hat auch nach 240 Jahren Gültigkeit - "gerade weil grundlegende Elemente der Höflichkeit, des Hausverstandes und des guten Stils unter virtuellen Bedingungen noch schneller erudieren als auf der Straße: Langweile nicht! Sprich nicht immer nur von dir! Respektiere die Meinungen anderer!"

Enthalten ist auch eine Vielzahl von Knigge-Originalzitaten, die es wert sind, auch hier erwähnt zu werden, weil beim Lesen all jene vor dem inneren Auge erscheinen, die auf jeder Party sind, mit dem Weinglas von Tisch zu Tisch hüpfen, aber keine richtigen Gespräche führen, mit einem großen Freundeskreis prahlen und niemals allein sein können:

"Wer täglich herumrennt, wird fremd in seinem eigenen Herzen, muss im Gedränge müßiger Leute seine innere Langeweile zu töten trachten..."

"Umarme nicht jeden. Drücke nicht jeden an dein Herz. Was bewahrst Du den Bessern und Geliebten auf, und wer wird deinen Freundschaftsbezeigungen trauen, ihnen Wert beilegen, wenn du so verschwenderisch in Austeilung derselben bist?"

"Mache dich rar, ohne dass man Dich weder für einen Sonderling, noch für scheu, noch für hochmütig halte!"

"Lerne dich selbst nicht zu sehr auswendig, sondern sammle aus Büchern und Menschen neue Ideen."

An alle "Ich-Performer"



Adressiert ist Scharniggs Buch an eine Gesellschaft von "Ich-Performern", die zwar mit anderen ständig in Interaktion treten, aber doch meistens allein mit sich sind in einer Welt, in der "Klick- und Daumenzahlen" die wichtigste Währung sind.

Die hier angesprochenen Themen wie Manieren, Höflichkeit, Gelassenheit, Genauigkeit oder gesunder Menschenverstand (Hausverstand) sind keine Relikte aus der Vergangenheit, sondern hochaktuell. Das zeigen auch die verschiedenen HuffBlog-Reflexionen besonders der letzten beiden Jahre.

Seitdem ist Max Scharnigg nämlich auch hier ein großer Inspirator. So wird im Blogbeitrag Warum eine Gesellschaft Muße braucht, der 2014 erschien, Bezug genommen auf seinen sinn- und gedankenreichen SZ-Beitrag (mit Friedemann Karig) "Flaneur im Netz", der als Exkurs ("Der Netzflaneur") auch in seinem aktuellen Buch zu finden ist.

Der Beitrag beschäftigt sich u.a. mit der Frage, ob in der digitalen Kultur noch Platz ist für beobachtende Spaziergänger, und ob das, was heute "Surfen" genannt wird, nicht die perfekte Entsprechung zu dem ist, was die Kreativen bereits einhundert Jahre zuvor praktizierten.

Digitales Flanieren ist für beide eine beständige und anstrengende Unterscheidung in wichtig und unwichtig. Kurz, es geht um Relevanz.

"Trotz oder gerade wegen ihrer unmenschlichen Eigenschaften ist die virtuelle Welt das Beste, was Sinnsuchern und Spaziergängern passieren konnte, nie war Flanieren so vielversprechend."

Wie im richtigen Leben so gilt allerdings auch hier: Wer sich kreativ und sorgfältig artikuliert, "in seinem Blog gute Ideen ausbreitet und nicht immer nur nach dem schnellen Gag sucht, der wird vom Netz irgendwann genau dafür respektiert und kann befreit aufspielen".


Die Kernbotschaft



Scharniggs Kernbotschaft ist, dass bei der Kommunikation im Netz die gleiche Rücksicht walten sollte wie im eigenen kleinen Bekanntenkreis. Großherzigkeit und Empathie seien auch in der virtuellen Welt erlaubt.

Aber auch diesen Themen wird Aufmerksamkeit geschenkt: der Ordnung auf dem Bildschirm, dem Klingelton des Handys ("so auffällig wie unbedingt nötig"), dem Griff zum Smartphone nach dem Beischlaf (zur Zigarette zu greifen, hätte noch Tradition, aber der Griff zum Smartphone "lässt den nicht besonders charmanten Verdacht zu, dass man schon vorher nicht recht bei der Sache war"), der universellen Lebensregel, wonach alles noch einmal neu bewertet wird, wenn man eine Nacht drüber geschlafen hat, dem immer offenen Kommentarfenster unserer Geräte "der Berg, auf den Sisyphos seinen Fels rollt"), der "Urheber-Etikette" und eigenen Visitenkarte im Netz ("Wer auch immer ein Schild ins Netz hängt, sollte jedenfalls gelegentlich nachsehen, ob es nicht inzwischen sehr rostig geworden ist.").

Wo immer heute über Manieren geschrieben wird, taucht auch der Name Jane Austen auf. Sie würde sich jedenfalls schwertun, bemerkt Scharnigg, "ein paar hundert Seiten stummes Schwärmen an einem Tinder-Flirt festzumachen."

Die britische Schriftstellerin aus der Zeit des Regency, deren Hauptwerke "Stolz und Vorurteil" und "Emma" zu den Klassikern der englischen Literatur gehören, wird auch von der Ratgeberliteratur gerade wiederentdeckt.

Jüngst erschien von Rebecca Smith "Jane Austens Ratgeber für moderne Lebenskrisen. Antworten auf die brennenden Fragen zu Leben, Liebe, Glück (und was Frau dabei trägt)" im Lambert Schneider Verlag - WBG.

Schreiben war für Austen nicht nur ein "kleines Hobby", sondern echte Hingabe an ihr "schriftstellerisches Handwerk": eine Künstlerin dürfe "nichts schludrig machen".

Viele HuffBlog-Themen aus der analogen Welt finden sich auch hier - etwa die die echte Kunst des Briefeschreibens oder des Flanierens: Jane Austen ging gern spazieren und hatte ihre selbstgefertigten Notizbücher dabei, die wiederum wie Füller, Uhr und Kompass als "wunderbare und sinnliche Begleiter" im Buch von Max Scharnigg unverzichtbar sind, weil sie auch "den schnödesten Momenten" im Digitalisierungszeitalter "ein bisschen Glanz verleihen" können.

Aber auch die dunkle Seite, der Tod, wird in Scharniggs Büchlein nicht vergessen: So findet sich am der Hinweis, dass es zur Pflicht eines Angehörigen oder Freundes eines Verstorbenen gehört, auch dessen virtuelle Angelegenheiten zu regeln:

"Wer alles derart wohlsortiert hinterlässt, kann Herrn Knigge aufgeräumt entgegentreten."


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Zur Person:
Max Scharnigg wurde 1980 in München geboren. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung an der Journalistenschule und arbeitete zehn Jahre als Redakteur und Kolumnist in der Redaktion von jetzt.de, dem jungen Magazin der Süddeutschen Zeitung. Er war Redakteur bei NIDO und in der Redaktion des Weekender. Daneben veröffentlicht er diverse Texte u.a. für das SZ-Magazin, Architectural Digest, Musikexpress, Merian und The Germans. Seit 2014 ist er Redakteur der Süddeutschen Zeitung am Wochenende.

Im März 2010 erschien bei Herder sein Reisebuch "Hotel Fatal", im Oktober 2010 die Kolumnen-Sammlung "Das habe ich jetzt akustisch nicht verstanden!" im Fischer Verlag. Für den Roman "Die Besteigung der Eigernordwand unter einer Treppe" wurde Max Scharnigg 2009 das Münchner Literaturstipendium zuerkannt und für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2010 nominiert. Das Buch erschien im Februar 2011 im Verlag Hoffmann&Campe, Hamburg. Danach wurde es mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2011 und dem Mara-Cassens-Preis 2011 ausgezeichnet.


2013 erschien der Roman "Vorläufige Chronik des Himmels über Pildau". Die Experimente mit der Selbstversorgung finden ihre Aufarbeitung in den Büchern "Feldversuch" (2012, Fischer Verlag) und der Angelphilosophie "Die Stille vor dem Biss" (2015, Atlantik Verlag). Aktuell: "HERRN KNIGGE GEFÄLLT DAS!" (2016, Hoffmann und Campe Verlag/Atlantik).


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Der Geist ist aus der Flasche

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Neonazis?
Es war vor 14 Tagen auf einer Tagung in Bad Alexanderbad. Der Leiter der Landeszentrale für Politische Bildung des Freistaates Sachsen, Frank Richter, zeigte zur Einstimmung auf seinen Vortrag einen 15-minütigen Imagefilm der Landeszentrale aus dem Jahr 2013. In diesem wurde deren Mediationstätigkeit in Riesa und Schneeberg dargestellt. Dort sollten Geflüchtete in überschaubarer Anzahl untergebracht werden. Die NPD in Schneeberg nutzte die Lage und rief zum „Lichtellauf" auf. Zwischen 1.000 und 2.000 Bürgerinnen und Bürger konnten durch die NPD im November und Dezember 2013 Woche für Woche mobilisiert werden. Bevor in dem Film ein Ausschnitt aus der Kundgebungsrede eines NPD-Vertreters gezeigt wurde, wies der Kommentator fast entschuldigend darauf hin, dass das Folgende von einem Neonazi gesagt werde. Der rief dann Sätze wie: Deutschland könne nicht das Sozialamt Europas sein ... die Asylbewerber hätten sich gefälligst unserer Kultur anzupassen ... über den Platz. Weniger verwundert als erschrocken rieb ich mir Augen und Ohren: Äußerungen eines Neonazis? Solche Sätze hören wir im Jahr 2016 täglich aus dem Munde eines Seehofer, Scheuer oder Söder - von den Höckes und Gaulands ganz zu schweigen. In dieser Weise wird inzwischen landauf landab über die Flüchtlinge hergezogen. Letzter Höhepunkt: CSU Generalsekretär Andreas Scheuer. Vor einigen Tagen warnte er in Regensburg: „Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier - als Wirtschaftsflüchtling. Den kriegen wir nie wieder los." * Integration als Gefahr - was für eine verheerende Botschaft!

Bautzen - kein Problem mit dem Rechtsextremismus?
Kann es da noch überraschen, dass am vergangenen Sonntagabend bei Anne Will der Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens, sich selbst einen „Linken" nennend, jeden Vorwurf zurückwies, als hätte Bautzen ein Problem mit Rechtsradikalen? Wenn dem so wäre, wäre er 2015 nicht zum Oberbürgermeister gewählt worden, war sein Argument. Auch seien es nur „sechs Passanten" gewesen, die Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Bautzen-Besuch im April beschimpft hätten. Von einem feindlichen Klima Flüchtlingen gegenüber könne keine Rede sein. Da war dann der Weg für den sächsischen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer frei, sich betont empörend zu echauffieren: Es sei ungeheuerlich, dem Freistaat Sachsen zu unterstellen, er würde nichts gegen den Rechtsextremismus tun. Seit 1990 seien der Freistaat und insbesondere die CDU gegen den Rechtsextremismus aktiv. Angesichts solcher Chuzpe verschlug es sogar Jakob Augstein die Sprache. Doch woher kommt dann das vergiftete Klima in Bautzen und vielen anderen sächsischen Kommunen? Woher kommen bei der Landtagswahl 2014 in Bautzen 10,8 Prozent für die NPD und 14,3 Prozent für die AfD - d.h. jeder vierte Wähler hat für eine rechtsradikale Partei votiert. Woher kommen die täglichen Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Freistaat Sachsen? Woher kommt es, dass inzwischen der aggressiv menschenfeindliche Jargon gegen Geflüchtete konsensfähig geworden ist?

AfD-Wähler/innen wählen bewusst - rechts
Solange wir weiter so tun, als handele es sich bei all denen, die sich - in welcher Form auch immer - an der Hetze gegen Flüchtlinge beteiligen, um „besorgte Bürger", die nichts anderes als ihre Ängste zum Ausdruck bringen;
solange wir nicht müde werden - wie ein Jörg Schönenborn am Sonntagabend in seiner Wahlanalyse in der ARD - zu betonen, dass man aus der Tatsache, dass die AfD von ehemaligen CDU- und SPD-Anhängern gewählt wurde, schließen müsse, dass diese eben keine „Rechten" seien;
solange uns gar nicht mehr auffällt, wie sehr die Hetze der Neonazis inzwischen Eingang gefunden hat in den alltäglichen politischen Diskurs;
solange werden wir niemanden von denen zurückgewinnen, die sich derzeit auf einem gefährlichen Trip in einen neuen autokratischen Nationalismus befinden. Im Gegenteil: Wir machen die stark, die die Demokratie nur benutzen, um die Macht zu erlangen, sie und den Pluralismus zu beseitigen. Es besteht ein merkwürdiger Widerspruch: Zum einen wird von der Mündigkeit des Wählers gesprochen, der sehr wohl weiß, wo er sein Kreuz setzt. Auf der anderen Seite wird er behandelt wie ein armseliger Dorftrottel, der eben, weil ihm die Politik nicht richtig erklärt wird, leider die AfD wählt, aber eigentlich nichts mit deren Propaganda zu tun haben will. Nein, es ist wohl anders, dramatischer: Die Wählerinnen und Wähler der AFD und NPD wissen sehr wohl, was sie wollen: keinen Pluralismus, keine Fremden, kein multikulturelles Zusammenleben, Ruhe und Deutschsein - und ansonsten alle materiellen Güter, die sie anderen verweigern, wohl aber als Import aus der Heimat der Geflüchteten gerne in Anspruch nehmen.

Der Un-Geist des Rassismus
Der Geist ist aus der Flasche: der Geist eines egomanisch-völkischen, antidemokratischen Rassismus. Von ihm ist eine Partei wie die AfD beseelt. Nicht von ungefähr plädiert Frauke Petry für eine Renaissance des Wortes „völkisch". Was uns da blüht, hat der Pressesprecher von Frauke Petry, Markus Frohnmaier, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht - denn wir sind das Volk." Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, wer sich zu diesem „Wir" des Volkes zählen darf und wer nicht. Wenn wir nicht endlich entschlossen und unmissverständlich benennen, woraus sich Rechtsextremismus speist, wenn wir nicht endlich damit aufhören, den völkisch-nationalistischen Tonfall von NPD und AfD zu kopieren und zu rechtfertigen, dann wird der Virus des nationalistischen Rassismus weiter um sich greifen. Gegen diesen gibt es nur ein Mittel: Täglich für unsere plurale und demokratische Verfassung eintreten, das friedliche Zusammenleben mit allen Menschen, die am Ort leben, einüben und dem völkischen Un-Geist keinen Raum lassen.

* Nachtrag: Angeblich wurde Scheuer falsch zitiert. Laut Tonmitschnitt soll er tatsächlich gesagt haben: "Entschuldigen Sie die Sprache: Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling. (...)" Ändert das etwas daran, dass diese Aussage so auch auf einer Pegida-Kundgebung hätte fallen können?

Natürlich haben Flüchtlinge gefälschte Pässe - und das ist auch gut so

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In den deutschen Medien kursieren immer wieder Berichte über Flüchtlinge mit gefälschten Pässen. Am vergangenen Wochenende wurde zudem bekannt, dass das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration anscheinend bei der Erkennung der gefälschten Pässe massiv versagt.

Und ja, es stimmt. Viele Syrer und Flüchtlinge aus anderen Ländern, die nach Deutschland kommen, haben gefälschte Pässe. Einfach weil die Einreise damit sehr viel leichter ist.

Auch ich bin mit einem gefälschten Pass von der Türkei nach Griechenland gereist. Für die Weiterreise nach Deutschland habe ich dann keinen Pass mehr benötigt, da an den innereuropäischen Grenzen keine Kontrollen stattfanden.

Es war für mich der einzige Weg, der mir blieb. Denn mit einem echten syrischen Pass wären ich und viele andere Flüchtlinge wohl niemals nach Deutschland kommen, mit einem türkischen oder griechischen Pass hingegen schon.

Einem Griechen oder Türken werden schlicht weniger Fragen gestellt, man kommt einfach so durch die Grenze.

Einen Pass zu bekommen ist einfach



An einen gefälschten Pass zu kommen, ist relativ unkompliziert. Man kann sie in der Türkei für rund 1000 Euro kaufen. Man vereinbart einen Termin, macht ein Foto und kauft den Pass.

Manchmal bekommt man auch einen Pass mit einem Bild von Europäern. Die Schlepper schauen dann nur, ob man der Person auf dem Bild ähnlich sieht und verkaufen die Pässe.

Mehr zum Thema: Rainer Wendt über Flüchtlingspolitik: "Das musste schief gehen"

Von Griechenland bin ich dann von einem Schlepper nach Düsseldorf gebracht worden. In dem Fahrzeug saßen außer mir noch 60 weitere Flüchtlinge.

Für Leute, die wirklich Hilfe brauchen, also für Kriegsflüchtlinge wie mich, sind gefälschte Pässe sehr wichtig und auch notwendig. Denn ohne die gefälschten Dokumente könnten viele von uns dem Krieg und dem Leid gar nicht erst entfliehen.

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Aber ich muss auch sagen: Jeder, der gefälschte Pässe nutzt und nicht um sein Leben fürchtet, schadet den Kriegsflüchtlingen. Wirtschaftsflüchtlinge zum Beispiel. Denn diese Leute kommen nur nach Deutschland, um Geld zu verdienen. Auch das ist in gewisser Weise verständlich, aber es stellt alle Flüchtlinge in ein schlechtes Licht.

Kriegsflüchtlinge brauchen Hilfe



Allen Deutschen, die sich über Syrer aufregen, die mit gefälschten Pässen reisen, muss ich noch eines sagen:

Seit sechs Jahren herrscht in Syrien jetzt Krieg. Hunderttausende Menschen sind gestorben. Alles, was sich die Syrer wünschen, ist Frieden. Deswegen flüchten sie nach Europa. Sie flüchten für ein besseres Leben und eine neue Chance.

Die Kriegsflüchtlinge brauchen Hilfe. Ich kenne keinen meiner Landsleute, der nach Deutschland wegen des Geldes gekommen ist; wir denken nicht an Geld.

Die Deutschen sollten sich deshalb nicht darüber aufregen, dass Menschen mit gefälschten Pässen in ihr Land reisen. Sie sollten lieber dazu beitragen, dass die Terrormiliz IS gestoppt und Assad bekämpft wird. Dann muss auch niemand mehr kommen.


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Flüchtlingskrise: Helft den Helfern!


Die Flüchtlingskrise bewegt die Deutschen wie kein anderes Thema. Viele blicken fassungslos auf das, was sich an Europas Grenzen abspielt. Auf das Leiden und die Nöte der Hilfesuchenden.



Dabei gibt es zahlreiche Menschen und Organisationen, die vor Ort helfen, die Probleme zu lösen. Zusammen mit der Spendenplattform betterplace.org nennt die Huffington Post spannende Projekte, die ihr direkt unterstützen könnt.



In einem großangelegten Projekt hilft der Verein SyrienHilfe e.V. vor Ort Menschen in Not, die ihre Heimat nicht verlassen können oder wollen. Seit 2012 setzen sich Ärzte, Ingenieure, Archäologen, Lehrer und Künstler in dem Bürgerkriegsland dafür ein, dass die Bevölkerung in ihrem eigenen Land ein würdevolles Leben führen kann.



Der Verein betreut Waisenkinder, organisiert medizinische Versorgung für Behinderte und chronisch Kranke und finanziert Lebensmittel und Unterkünfte.


Unterstütze sie jetzt auf www.zusammen-für-flüchtlinge.de, der zentralen Plattform für Projekte in der Flüchtlingshilfe von betterplace.org.



Willst auch Du Spenden für Dein soziales gemeinnütziges Projekt sammeln? Dann registriere Dich und Dein Projekt jetzt auf betterplace.org.



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Kostgänger im Gradonna Mountain Resort

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Herzhaft bodenständig und vegan. Alpin und mediterran. Im Gradonna Mountain Resort in Osttirol gibt es kein Entweder-oder. Hier paart sich von allem das Beste. Eine Landschaft zum Anhimmeln und regionale Küche zum Niederknien. Ja, dieses kleine Fleckchen ist von allen Seiten geküsst. Da muss einfach hin!


Mal angenommen, es ist gerade Herbst und Sie befinden sich in Osttirol. Sie haben die schönsten Wanderungen rund um den Großglockner gemacht, haben das Großglockner Haus in Kals besucht, dann heißt es für Kostgänger jetzt Geniessen.

Abgehalten wird die sinnenfrohe Erkundungstour im Restaurant des Gradonna Mountain Resorts. Jüngst erst wieder ausgezeichnet mit dem World Travel Award „Europe's Leading Green Resort 2016".
Die Anlage gehört seit Jahren laut Geo Saison zu den 100 schönsten Urlaubsadressen Europas.

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Die in klarer Formensprache gehaltenen Hotel-Zimmer, -Suiten und Châlets gewähren durch ihre breite Glasfronten den freien Blick auf den Großglockner und weitere Größen des Nationalparks Hohe Tauern. Doch auch innen findet sich die Natur in den Zimmern: Sie  sind mit Materialien wie Zirbe und Fichte sowie Kalser Marmor hochwertig ausgestattet. Ein ganzheitliches Energiekonzept gewährleistet den nachhaltigen Hotelbetrieb.

Das Restaurant bietet ein breites Angebot an veganen und vegetarischen Gerichten.

Vielleicht macht das ein oder andere Gericht nicht im Schlaf schlank, selbst wenn man zuvor Kalorien im Nationalpark Hohe Tauern verbrannt hat. Aber das Essen hier macht ziemlich gute Laune. Zumal wenn man noch einen köstlichen Tropfen aus dem guten Weinangebot trinkt.

Ein Streifzug durch die Küche des Haubenkochs Michael Karl, Küchenchef im Gradonna, der viel Wert auf Nachhaltigkeit und regionale Produkte legt.

Kartoffel-Eierschwammerlsuppe mit Fladenbrot
Eierschwammerl gelten in der österreichischen Küche als Klassiker. Hier harmonieren sie genauso gut mit Kartoffeln, Petersilie und Pfeffer

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Rote Bete-Wassermelone mit gebratenem Tofu und Ofengemüse
Wassermelone küsste Rote Bete - das Rezept klingt nach einer extravaganten Kombination. Ist's auch, aber geschmacklich ergänzen sich die erdige Rote Bete mit der Wassermelone perfekt.

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Melanzani mit San Marzano Tomate, Olivenöl und Kartoffelschnee
Auberginen begeistern ja schon durch ihre violette Farbe. Da sie kaum einen eigenen Geschmack haben, machen sie sich beinahe in jedem Gericht gut. Aubergine und Kartoffel kennt man ja von der Moussaka. Aber ungleich feiner und ausgewogener ist diese Kombination mit dem fluffigen Kartoffelschnee.

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Steinpilzrisotto mit Blütenpesto
Ich liebe die aromatischen Steinpilze, die jetzt wieder Saison haben. Zum Beispiel, weil ich sie einfach dünn geschnitten und gebraten als Vorspeise servieren kann. Und sie sind auch ganz wunderbar im Risotto. Und das ist ein Gericht, das erst durch viele kleine Tricks zum großen Genuss wird und hier im Gradonna perfekt zelebriert wird.

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Adresse
Gradonna ****s Mountain Resort
Châlets & Hotel
Burg 24
9981 Kals am Großglockner
Tel. +43 / 4876 / 82 000
Fax +43 / 4876 / 82 000-777
E-mail: info@gradonna.at

Mehr zum Gradonna mountain Resort und weitere Reisethemen gibt es auf www.veganettes.com

Die Politik in Deutschland hat die Menschen am äußersten Rand nicht im Blick

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Recht haben und Recht bekommen



Die sozialen Rechte gelten für alle Bürger. Aber das für alle gleiche Recht schafft nicht für alle den gleichen Zugang. Um Recht zu bekommen, muss man seine Rechte kennen. Zur Rechtsdurchsetzung gehört der Rechtsweg. Auch wenn es in Deutschland ein System der Prozesskostenhilfe gibt, sind die Hürden für arme Menschen, den Rechtsweg zu beschreiten, höher.

Zu einer wirksamen Armutspolitik gehört ein ausreichendes Netz von niederschwelligen Beratungsstellen. Grundsätzlich gibt es dieses Beratungsnetz, Schuldnerberatungsstellen, Verbraucherzentralen, das Jugendamt. Es gibt unentgeltliche Beratungsangebote von Wohlfahrtsverbänden und Anwaltsvereinen. Auch Behörden beraten im Rahmen ihrer Zuständigkeit.

Dieses Netz muss sich darum bemühen, niederschwelliger zu werden. Lange Wartelisten bei den Schuldnerberatungsstellen, beispielsweise, sind für diejenigen eine hohe Hürde, denen es ohnehin schwerfällt, ihren Alltag zu organisieren. Wie dicht das Netz hier geknüpft ist, hängt neben dem politischen Willen vor Ort auch von der Finanzsituation der Kommunen ab. Das Prinzip gleichwertiger Lebensverhältnisse ist dadurch gerade in einem Bereich verletzt, der für die Chancen armer und von Armut bedrohter Menschen essentiell ist.

Es ist kein Zufall, dass die sozialen Bedürfnisse, die die breite Mehrheit der Gesellschaft betreffen wie Krankenbehandlung oder Altersvorsorge, über individuelle Rechtsansprüche eindeutig abgesichert sind, dies aber nicht in gleichem Maße für den Bedarf der Menschen gilt, die auf die schiefe Bahn gekommen sind. Die rechtliche Stellung dieser Leistungen und damit auch ihre institutionelle und finanzielle Absicherung zu verbessern, wäre ebenfalls eine dringende Aufgabe der Armutspolitik.


"Eine freie Gesellschaft kann auch überfordern"



Eine freie Gesellschaft, zu der unverzichtbar die Vertragsfreiheit gehört, kann Menschen überfordern, wenn sie Entscheidungen treffen, die für sie höchst nachteilig sind. Daraus ist kein Plädoyer für paternalistische Bevormundung abzuleiten, wohl aber für Aufklärung und einen angemessenen Verbraucherschutz.

Die Wahlfreiheit zwischen unterschiedlichen Optionen bietet jedem große Chancen, der gut informiert ist, seine Rechte kennt und das genügende Maß an Selbstsorge aufbringen kann, um sich vor gefährlichen Verlockungen oder gut verpackten ausbeuterischen Angeboten zu schützen. Praktiker der Jugendhilfe berichten, dass es an Finanz- und Konsumkompetenz bei Jugendlichen erheblich mangelt. Dies fängt beim Handy-­Vertrag an.

Das ist für die besonders nachteilig, die nichts zu verschenken haben. Es gibt eine Reihe von Angeboten von Wohlfahrtsverbänden und Vereinen, die die Finanz- und Konsumkompetenz von Schülern fördern. Aber es sollte auch ohne externe Hilfe zu den Pflichtaufgaben aller Schulen gehören, als Teil des Regelunterrichts alle Schüler mit den erforderlichen Kompetenzen auszustatten. Mangelnde Finanzkompetenz erzeugt oder verfestigt Armutslagen.

Menschen am äußersten Rand der Gesellschaft



Dass das für alle gleiche Recht nicht für alle den gleichen Zugang schafft, gilt für Menschen am äußersten Rand der Gesellschaft in besonderem Maße. Wie steht es mit Menschen, die auf der Straße leben und damit in einem Zustand harter Entbehrung? Auch sie haben Anspruch auf Krankenversicherung. Dies ist in Deutsch­land sozialrechtlich eigentlich gut geregelt. Aber in einer normalen Arztpraxis sind sie Fremde aus einer anderen Welt.

Sie fürchten die Zurückweisung seitens des Praxispersonals und der anderen Patienten. Ihr Recht auf Behandlung geht so häufig ins Leere. Der Sozialstaat kann sich nicht damit begnügen, die notwendigen Dienste formalrechtlich korrekt für alle anzubieten. Er muss handeln, wenn Hilfebedürftige nicht in der Lage sind, ihre Rechte durchzusetzen, oder Beteiligte im Hilfesystem bewusst oder unbewusst, offen oder latent, so agieren, dass die Inanspruchnahme unterbleibt oder für den Hilfesuchenden sogar unzumutbar wird.

Daher ist es notwendig, wohnungslosen Menschen in Spezialambulanzen einen niederschwelligen Zugang zu medizinischen Diensten zu eröffnen und sie von dort, falls nötig, zum Facharzt oder einem Krankenhaus zu vermitteln. Dies mag auf den ersten Blick dem Prinzip der Teilhabe widersprechen. Als Bürgerinnen und Bürger sollten auch wohnungslose Menschen alle öffentlich zugänglichen Einrichtungen diskriminierungsfrei nutzen können und nicht auf Spezialdienste angewiesen sein.

Aber Teilhabe als abstrakter Anspruch löst nicht die im faktischen Vollzug gegebenen Zugangsprobleme für Menschen in äußerst prekären Lebenslagen. Allerdings darf der Anspruch nicht aufgegeben werden, dass sie auch das Recht auf Zugang zu den Regelangeboten
haben.


"Menschen ohne Papiere dürfen nicht ausgeschlossen werden"



Ausgeschlossen von vielen existenziellen Diensten sind auch Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität. Der Staat hat im Rahmen der Verfassung und der internationalen Verpflichtungen das Recht, den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland zu regeln und auch zu untersagen.

Aber dennoch dürfen Menschen ohne Papiere aus humanitären Gründen nicht ohne soziale Rechte sein. Immerhin konnte nach zähem politischen Ringen erreicht werden,3 dass Kinder in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität regulär zur Schule gehen dürfen und die Schule ihre Identität nicht den Ausländerbehörden preisgeben muss.

Der Schulbesuch selbst soll nicht zu einem zusätzlichen Entdeckungsrisiko werden. Aber auch vier Jahre nach der rechtlichen Klarstellung kennen, wie eine Untersuchung der Universität Bremen zeigt, zwei Drittel der Schulen und die Hälfte der Schulbehörden die Rechtslage nicht oder nur ungenügend und eröffnen bei Anfrage keinen gangbaren Weg für die Schulanmeldung "papierloser" Kinder.

Dadurch perpetuiert sich ihr Ausschluss von Bildung, der in der Biographie dieser Kinder tiefe Spuren hinterlässt. Eine Armutspolitik, die diesen Namen verdient, muss die Menschen am äußersten Rand im Blick haben. Um sie ist es sonderbar still in der Armutsdebatte, obwohl hier Besserung mit bescheidenen Mitteln möglich wäre, die unsere Solidaritätsbereitschaft nur in geringem Maße forderten.

Wohnungslose Menschen, obwohl Bürger dieses Landes mit gleichen Rechten, kommen in den gängigen Datensätzen zur sozialen Lage in Deutschland (aus methodisch nachvollziehbaren Gründen) gar nicht vor. Wir wissen somit über den Umfang und die Entwicklung dieser extremen Form des sozialen Ausschlusses sehr wenig.

Ihre Lage muss wenigstens in öffentlicher Verantwortung erfasst werden, als erste Grundlage für bessere Hilfen.

Soziale Spaltung der Wahlbeteiligung




Die Wahlbeteiligung in Deutschland sinkt. Bei der Bundestagswahl, der Wahl mit der höchsten Wahlbeteiligung, von über 90% in den Jahren 1972 und 1976 auf 72% 2013. Bei den Landtagswahlen ist die Beteiligung im Durchschnitt noch niedriger. Bei einer Reihe von Landtagswahlen der letzten Jahre hat nur noch jeder Zweite von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Zwischen der Wahlbeteiligung der Einkommensgruppen und der sozialen Milieus klafft ein großer Unterschied.

Während fast 90% des liberal-­intellektuellen Milieus und über 80% der Konservativ-­Etablierten der oberen Mittelschicht zur Wahl gehen, sind es unter den sogenannten Prekären und Hedonisten, zwei Milieus, die der Unterschicht und unteren Mittelschicht zugeordnet werden, nur knapp 60% bzw. unter 50%. Die Abgrenzung der Milieus mag im Detail problematisch sein, aber unbestreitbar ist, dass sich bei der Wahlbeteiligung eine soziale Spaltung auftut und die Wahlergebnisse nicht mehr sozial repräsentativ sind.

Hier hat niemand eine einfache Lösung. Zur freien Wahl gehört auch die Freiheit, nicht zu wählen. Nicht jeder Nichtwähler muss unzufrieden sein, es gibt auch selbstverschuldetes Desinteresse, bar jeden Bewusstseins dafür, dass man ein Recht ungenutzt lässt, das in einer opfervollen Geschichte erkämpft wurde und für das Menschen in anderen Ländern auch heute ihr Leben riskieren.

Aber die schwindende soziale Repräsentanz der Wahlergebnisse kann sich zu einem Legitimitätsproblem der Demokratie entwickeln, möglicherweise ist dieser Punkt bereits erreicht. Nichtwähler begründen ihre Wahlabstinenz nicht mit der Ablehnung des demokratischen Systems, sondern einer ausgeprägten Politik(er)verdrossenheit. Parteien und Politikern fehle die Glaubwürdigkeit, sie seien abgehoben und wenig überzeugend.

Solche Begründungen sind ernst zu nehmen, auch wenn sie dazu dienen können, die eigene Verweigerung demokratischer Teilnahme zu legitimieren, oder Erwartungen an die Politik widerspiegeln, die nicht erfüllbar sind. Hinter dem Vorwurf mangelnder Glaubwürdigkeit steht zumindest in Teilen ein demokratieferner Vorbehalt gegen Kompromisse, ohne die ein parlamentarisches System nicht funktionieren kann.


"Ein Teil der Wahrheit sind auch politische Versäumnisse"



Aber Teil der Wahrheit sind auch politische Versäumnisse, man denke beispielsweise an die lange vernachlässigte Wohnungspolitik oder die weiterhin hohe soziale Selektivität des Bildungssystems.
Wer die Debatten über den Sozialstaat mitprägt, sollte zumindest gelegentlich im stillen Kämmerlein die selbstkritische Frage zulassen, ob er nicht eher Teil des Problems statt der Lösung ist, wenn er den Boden seriöser Argumentation verlässt und in empirieferner Weise skandalisiert. Oder wenn er die Politik des Stückwerks als "Klein-­Klein" diskreditiert.

Ein sich anwaltschaftlich oder links gerierender Sozialpopulismus kann ungewollt dazu beitragen, dem politischen Populismus den Boden zu bereiten. Er befeuert die ohnehin grassierende pauschale Abwertung von Politikern, denen Politikverdrossene wenig oder nichts zutrauen. Die Abwertung der politisch Verantwortlichen gefährdet die Akzeptanz des demokratischen Systems. Eine solche Stimmung kann, wie das Beispiel der zum Hohn so genannten "Alternative für Deutschland" zeigt, Parteien befördern, die bei Licht besehen keine Agenda haben, die soziale Gerechtigkeit fördert.

Wenn bereits die Herausforderung der Aufnahme vieler Flüchtlinge in einer Situation wirtschaftlicher Stabilität ihnen hohe Wahlerfolge beschert, was wäre dann zu befürchten, wenn Deutschland in eine schwere Rezession geriete? Die Kräfte in Politik, Medien und Zivilgesellschaft, die die politischen Debatten in starker Weise prägen, tragen Verantwortung für den Erhalt der politischen Kultur.

Diesem Anspruch gerecht zu werden, ist angesichts der harten Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit schwer geworden. Zu hoffen wäre, dass eine glaubwürdig und hartnäckig verfolgte Politik des Stückwerks, die in konkreten Schritten die Teilhabechancen armer und von Armut bedrohter Menschen zu verbessern und den Sozialstaat stärker auf Befähigungsgerechtigkeit auszurichten vermag, der Tendenz zur Selbstexklusion durch Wahlverweigerung etwas entgegensetzen kann. Jedenfalls wird sie dazu mehr beitragen als Debatten, die in folgenloser Empörung verharren.


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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Armut in Deutschland. Wer ist arm? Was läuft schief? Wie können wir handeln?", erschienen im C.H. Beck Verlag. Hier könnt ihr das Buch kaufen.




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Nur weil er pädophil ist, muss er noch lange kein Kinderschänder sein

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Zuerst einmal will ich klarstellen, dass jede Art von sexuellem Missbrauch an Kindern aufhören muss. Dazu gehören unangebrachte sexuelle Gespräche mit Kindern, sexuelle Handlungen im Beisein von Kindern und der Besitz von Kinderpornographie.

Ein Teil meiner Lebensaufgabe ist es, sexuellen Missbrauch von Kindern in jeglicher Form zu reduzieren, denn ich bin mir der schrecklichen Konsequenzen an Kindern sehr bewusst. Allerdings vergessen viele oft die nicht-übergriffigen Pädophilen, und darüber möchte ich hier schreiben.

Es wird zu unachtsam mit Pädophilen umgegangen



Die klinische Definition eines Pädophilen ist: "Jemand, der sich vorrangig oder exklusiv zu vorpubertären Kindern (unter 11 Jahren) hingezogen fühlt." Die Medien, die Polizei und somit auch die Öffentlichkeit gehen sehr nachlässig mit dem Begriff „pädophil" um.

Fälschlicherweise wird oft jemand, der sich Bilder von sexuellem Missbrauch an Kindern ansieht - sich jedoch vorrangig zu Erwachsenen hingezogen fühlt - als pädophil bezeichnet.

Jemand, der sich an Kindern vergangen hat, wird oft als pädophil gebrandmarkt, obwohl derjenige glücklich verheiratet und sexuell mit Erwachsenen aktiv ist und sich auch zu diesen stärker hingezogen fühlt, als zu Kindern.

Aus klinischer Sicht ist das eine inkorrekte Beschreibung. Pädophil ist jemand, der sich stärker zu Kindern als zu Erwachsenen hingezogen fühlt, oder dessen sexuelle Neigung ausschließlich Kindern gilt.

Viele Pädophile haben ein Trauma erlitten



In meiner therapeutischen Arbeit mit pädophilen Klienten bin ich auf eine ganze Reihe unterschiedlicher Gründe gestoßen. Viele Pädophile haben in ihrer Vergangenheit eine traumatische Erfahrung erlitten, oft im Alter von acht oder neun Jahren bei Jungen und sieben oder acht Jahren bei Mädchen.

Oft wiederholen sie auf gewisse Weise Aspekte ihrer eigenen Vergangenheit. An ihrer Kindheit zu arbeiten und das Trauma mittels einer Therapie zu verarbeiten, scheint ihre Haltung und ihre Neigung zu Kindern komplett und langzeitlich zu verändern.


Aber es gibt andere, deren sexuelle Neigung zu Kindern tieferliegende Gründe zu haben scheint.

Dr. James Cantor vom "Center for Addiction and Mental Health" in Toronto, Kanada, nutzt MRT-Scans, um das Gehirn von Pädophilen zu untersuchen. Laut Cantor ist Pädophilie eine „sexuelle Orientierung. Sie ist etwas, mit dem wir im Grunde genommen geboren werden. Das scheint sich nicht mit der Zeit zu verändern und gehört zum Kern unserer Selbst, wie jede andere sexuelle Orientierung."

In diesem Fall bietet eine Therapie Techniken und Strategien, die der betroffenen Person helfen können, mit ihren sexuellen Neigungen umzugehen, so dass sie nicht zu sexuell-übergriffigen Pädophilen werden, eine Heilung gibt es jedoch nicht.

Nicht jeder Pädophile ist ein Verbrecher



Das bringt mich zu einer sehr wichtigen Unterscheidung. Nämlich, dass nicht jeder, der pädophil ist, gleichzeitig auch ein Kinderschänder ist. Nur weil die Neigung besteht, heißt das nicht, dass dieser Neigung auch Taten folgen müssen.

Ich bin mir sicher, dass es einige Leser gibt, die einen glücklich verheirateten Arbeitskollegen oder Freund haben, zu dem sie sich sexuell hingezogen fühlen, dem aber nie nachgeben würden. So ist es auch für nicht-übergriffige Pädophile. Sie erkennen ihr sexuelles Interesse für Kinder, verbringen aber ihr gesamtes Leben damit, damit umzugehen, und brechen nie in irgendeiner Weise das Gesetz.

Sie fassen nie ein Kind an, gehen keinen sexuellen Handlungen im Beisein eines Kindes nach und suchen auch nicht im Internet nach Kinderpornographie und Bildern von sexuellem Missbrauch an Kindern. Natürlich gibt es auch Pädophile und andere Menschen, die schreckliche Verbrechen begehen, zu denen auch sexueller Missbrauch an Kindern gehört, das will ich gar nicht bestreiten. Im Moment geht es mir aber um diejenigen, die ein rechtstreues Leben führen.

Zwei StopSO-Klienten, mit denen ich gesprochen habe, haben zugestimmt, ihre Geschichte zu veröffentlichen. Unter der Bedingung, dass ich ihre Namen verändere.

Chris: Alles begann, als er ein Teeanger war



Nennen wir einen von ihnen Chris. Seine sexuellen Gedanken über Kinder bereiteten ihm Sorge. Er wusste nicht, wo er Hilfe bekommen konnte. Jetzt, in seinen Zwanzigern, lebt er seit zehn Jahren mit diesen Gedanken. Alles begann, als er ein Teenager war.

Aber diese Gedanken begannen stärker zu werden, und er wollte Hilfe. Um sicherzugehen, dass er dem Drang nicht nachgeben würde. Er ging zu seinem Hausarzt. Dieser sagte ihm ganz ehrlich, dass es seine Pflicht sei, seine Neigung zu melden.

Chris wollte eine Therapie machen



Der Arzt wusste nicht, wo Chris Hilfe bekommen könnte, aber er googelte „pädophile Hilfe Großbritannien" und landete so bei StopSO: Special Treatment Organisation for the Prevention of Sexual Offending (zu Deutsch: Organisation für die besondere Behandlung zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch).

Chris wurde zur Therapie überwiesen, konnte die Kosten jedoch nicht selber tragen. Zum Glück verfügt StopSO über geringe Mittel, so dass sie jene, die die Therapie nicht selber zahlen können, finanziell unterstützen können.

Der Hausarzt gab einen Sicherheitshinweis an die Behörden weiter. Es kam zu einem strategischen Treffen an dem neben dem Hausarzt auch die Sozialbehörde, die Polizei und das lokale Gremium zum Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen teilnahm.

Bei diesem Treffen kam man zu der Entscheidung, dass es für eine weitere Untersuchung oder eventuelle Maßnahmen keine ausreichende Grundlage gäbe. Chris hatte keinen Kontakt zu Kindern und es gab keine Beweise dafür, dass er schon einmal übergriffig geworden war.

Die Polizei ermittelte



Chris sagte mir, dass er jemanden kenne, viel jünger als er selbst, der sich aufgrund seiner besorgniserregenden Gedanken über Kinder Hilfe gesucht hatte. Diese Person suchte auch ihren Hausarzt auf - die zuständige Behörde vor Ort war eine andere und so endete es damit, dass die Polizei den Fall offiziell untersuchte.

Es war eine grauenvolle Erfahrung. Am Ende kam man zu dem Ergebnis, dass die Person völlig unschuldig war. Es gab keine illegalen Fotos auf dem Handy oder dem Computer, keine Kinder in der unmittelbaren Familie oder im näheren Umfeld.

Die Behörden waren schließlich der Meinung, dass die Person die Wahrheit sagte und die Untersuchungen ergaben, dass keine Beweise für ein Verbrechen vorlägen. Auch schien es unwahrscheinlich, dass ein Verbrechen verübt werden könnte.

"Ich suchte erst einen Arzt auf, als ich akut selbstmordgefährdet war"



„Hätte ich seine Geschichte im Vorfeld gekannt, dann hätte ich mich nie meinem Hausarzt anvertraut. Und wenn ich gewusst hätte, dass es Hilfe gibt, und dass ich mich vertraulich behandeln lassen könnte, dann hätte ich mir schon sehr viel früher Unterstützung gesucht. Ich wartete, bis ich akut selbstmordgefährdet war und suchte erst dann schließlich meinen Arzt auf. StopSo hat letztendlich den feinen Unterschied für mich ausgemacht. Ich fand einen Therapeuten, der wusste, wovon er sprach, und so konnte ich auch weiterhin ein rechtstreues Leben führen. Trotz meiner Neigung will ich einem Kind niemals Leid zufügen. Ich kenne jetzt Strategien, die mir helfen. Darüber zu sprechen war ein wichtiger Schritt", so Chris.

Weiter erzählt er: „Wenn man einmal die Vorstellung akzeptiert hat, dass es Menschen gibt, die sich Hilfe suchen, weil sie Kinder nicht verletzen wollen - und das kann nur etwas Gutes sein - dann sollte diesen Menschen dieser Schritt doch so einfach wie möglich gemacht werden. Denn sonst werden diese Menschen den Schritt nicht wagen. Wir wollen, dass mehr Menschen dieses Problem erkennen und es sich eingestehen und sich diesbezüglich so früh wie möglich Hilfe suchen. Das minimiert zum einen das Risiko, dass andere Menschen Schaden erleiden müssen und außerdem ist eine Therapie zu einem möglichst frühen Zeitpunkt sehr viel einfacher und effektiver."

Chris hat die Therapie so sehr geholfen, dass er über seine Erfahrungen auch im Radio gesprochen hat. Er weiß auch, dass die Türen bei StopSO für ihn immer offen stehen, sollte er weitere Hilfe benötigen.

James, ein anderer Klient, erkannte mit ca. 20 Jahren, dass er sich zu Kindern hingezogen fühlte.

James: "Es muss mehr getan werden, um Betroffenen zu helfen"



„Mit meinen Eltern konnte ich darüber nicht sprechen. Zum Glück hatte ich einen guten Freund und mit ihm zu reden hat mir sehr geholfen. Einen Therapeuten zu finden, der offen für meine Gedanken war und wusste, wie ich meinen Drang kontrollieren konnte, hat mein Leben verändert. Es ist ein schwieriges Thema, aber ich glaube, dass noch mehr getan werden muss, um Betroffenen zu helfen. Sie sollen sich nicht ausgeschlossen und aussätzig fühlen. Ich habe festgestellt, dass der Drang, der Neigung nachzugeben, sich enorm verstärkt, wenn ich nicht darüber sprechen kann. Wenn ich darüber spreche, dann habe ich ein Ventil, über das ich den Druck ablassen kann, dann habe ich mich selbst im Griff. Die Website Virped, eine Seite für Pädophile, die sich keusch verhalten, hat mir sehr dabei geholfen, meiner Neigung nicht sexuell nachzugehen. Manchmal habe ich mich auch an eine Hotline gewandt. Aber die Therapie von Angesicht zu Angesicht war es, die bei mir wirklich den Unterschied ausgemacht hat. Ich hoffe, dass die Gesellschaft nach und nach akzeptieren wird, dass Pädophilie nichts ist, dass man sich selber aussucht. Ein Kinderschänder aber entscheidet sich bewusst für seine Taten."

Ohne Zweifel sind sowohl Chris wie auch James Pädophile, die klar zwischen einer Neigung und entsprechenden Taten unterscheiden und entschlossen sind, auch weiterhin gesetzestreu zu leben.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Huffington Post UK und wurde von Cornelia Lüttmann aus dem Englischen übersetzt.

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Viele Mitarbeiter vertuschen ihre Mehrarbeit absichtlich

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  • Die heutige Arbeitswelt verschiebt die Verantwortung vom Chef zur Belegschaft

  • Einige Mitarbeiter arbeiten deshalb mehr, obwohl die Firma es gar nicht verlangt

  • Es ist die Aufgabe von Chef und Angestelltem zugleich, den Druck rauszunehmen


Man kennt es von Freiberuflern und Selbstständigen, ganz besonders von Existenzgründern: Wenn Kunden abspringen und der Umsatz einbricht, wenn die Existenz der eigenen Unternehmung bedroht ist, dann wird oft ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit gearbeitet.

Dasselbe geschieht, wenn sich einmalige Erfolgschancen oder neue Perspektiven für die eigene berufliche Zukunft bieten. Auch dann wirft man unter Umständen die eigene Gesundheit in die Bresche.

Immer mehr Menschen sehen sich selbst dabei zu, wie das eigene Arbeitshandeln die eigene Gesundheit gefährdet - aus einem Interesse am beruflichen Erfolg heraus. In unseren Befragungsstudien zeigt sich immer wieder, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer zumindest ab und an ins Büro geht, auch wenn sie sich krank fühlt.

Andere wiederum verzichten auf Erholungspausen, arbeiten am Wochenende, im Urlaub oder länger als zehn Stunden am Tag oder leisten übermäßig viele unbezahlte Überstunden.

Deadlines und Kundenwünsche üben vermehrt Druck aus



Dieses Phänomen nennen wir „interessierte Selbstgefährdung". Das Überraschende: Dieser Einsatz wird von Firmenseite meist nicht gefordert. Manchmal vertuschen Mitarbeiter ihr immenses Arbeitspensum sogar.

Auslöser für dieses nur scheinbar freiwillige Verhalten vieler Arbeitnehmer ist die Art, wie Unternehmen heutzutage organisiert sind. Die alten Strukturen, in denen ein Chef Mitarbeiter direkt steuert, haben ausgedient.

Stattdessen hat sich eine „indirekte Steuerung" etabliert: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten jährlich steigende Zielvorgaben, zudem Verantwortung und Autonomie, können sich etwa ihre Arbeitszeit frei einteilen und arbeiten in dynamischen Projektteams. Führungskräfte fokussieren auf das Erreichen der klar definierten Zielvorgaben etwa in Form von Key-Performance-Indikatoren oder Service Level Agreements. Ihre Haltung:

„Mir doch wurscht, wie ihr das macht. Mich interessiert nur das Ergebnis."

Als Übergangslösung okay, als Dauerzustand ungeeignet



Das neue Auftreten vieler Chefs klingt locker, aber letztlich verschiebt sich die Verantwortung. Die Mitarbeiter müssen selbst schauen, wie und in welcher Zeit sie ihre Aufgaben schaffen. Sie fühlen sich verantwortlich für das Erreichen der Ziele und suchen selbstständig Lösungen, wenn etwas schiefläuft.

Im alten System konnte man noch sagen, der blöde Chef hat das angeordnet, oder sich direkt „oben" über zu viel Arbeit beschweren. Jetzt weiß man oft gar nicht mehr, wen man für seinen Druck verantwortlich machen kann und wohin man sich wenden soll. Der Druck des Marktes ist so nah an den Einzelnen herangekommen, dass man leicht versucht ist, den aufkeimenden Stress in Eigenregie zu verringern.

Als begrenzte Phase oder Notlösung geht das. Bei Jobs mit viel Freiräumen oder viel Verantwortung gehört es sicher auch mal dazu, dass man am Wochenende arbeitet oder abends. Als Dauerlösung aber taugt die Strategie nicht, denn davon wird man krank.

Wer dennoch häufig abseits der regulären Arbeitszeiten arbeitet, sollte sich klarmachen, dass er möglicherweise im Druck der indirekten Steuerung steckt. Es hilft, sich häufiger zu fragen: „Will ich dieses Spiel eigentlich mitmachen, oder will ich gegensteuern?"

Sich selbst in die Verantwortung nehmen



Die Hoffnung, dass Führungskräfte auftretende Probleme lösen werden, ist vielfach unrealistisch. Denn über den bestehenden Druck wird nicht offen gesprochen, das eigene Projekt wird auf Grün gestellt, obwohl die Deadline nicht gehalten werden kann. Im Betrieb braucht es also Orte, an denen offen darüber gesprochen wird, welcher Druck besteht und wie dieser auch gemeinsam und hierarchieübergreifend bewältigt wird.

In Sitzungen passiert dies heutzutage nicht automatisch; stattdessen wird häufig nur darüber gesprochen, wie noch effizienter gearbeitet werden kann. Ein Mitarbeiter sollte aber mit seinem Chef oder seiner Chefin sprechen können, wenn der Druck zu groß ist.

Gleichzeitig sollte er noch aktiver seine Eigenverantwortung wahrnehmen. Nach dem Motto: Wenn schon Autonomie, dann richtig. Das heißt: Ich arbeite selbstbestimmt, gerade deshalb achte ich auf mich.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Xing Klartext

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Als Produktionsmaschinen das Twittern lernten ...

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Stellen Sie sich vor, der Austausch zwischen Maschinen wird so einfach wie das Twittern. Klingt Ihnen diese Perspektive zu unrealistisch? Die neuen offenen Kommunikationsstandards MTConnect und OPC-UA, die nun in der Branche diskutert werden, bringen jedenfalls Schwung in die Diskussion rund um Maschinenkommunikations-Standards für Industrie 4.0-Konzepte. Am Ende werden twitternde, kooperative Produktionsmaschinen gar nicht mehr so ungewöhnlich klingen.

Wer ahnt, was dann noch möglich wird ...


In den Industriebetrieben der Zukunft bleibt nichts mehr wie es war. Künftig soll das intelligente Werkstück ohne fremde Hilfe den optimalen Weg durch die Fertigung finden. Damit diese autonomen Technosphären entstehen können, müssen Mensch, Produkt, Maschine und Werkzeug in einem engen Kommunikationsverbund entlang des Produktionsablaufs agieren.

Eine zentrale Rolle übernehmen dabei die Software-Systeme - allen voran MES bzw. Manufacturing Execution Systeme. Sie sind der Klebstoff zwischen Automatisierungs- und ERP-Ebene und zeichnen für die softwarebasierte Interaktion aller Akteure verantwortlich. Um diese Aufgabe jedoch erfüllen zu können, bedarf es einer Maschinenkommunikation ohne jegliche Sprachbarrieren - und genau hier liegt die Industrie 4.0-Vision im Argen.

Bislang existieren keine etablierten Standards, die einen medienbruchfreien Datenfluss von und zwischen Anlagen unterschiedlichster Hersteller sicherstellen. Die schöne, neue

Nun zeichnet sich eventuell ein Silberstreif am Horizont ab.

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Produktionsmaschinen, die das Twittern lernen, Bild: ©iStock.com/vm

Offene Kommunikationsstandards wie „MTConnect" der US-amerikanischen Gesellschaft für Produktionstechnologie (AMT - The Association For Manufacturing Technology) oder OPC-UA (OPC Foundation), die gerade in Deutschland stärker favorisiert wird könnten Bausteine für die lang ersehnte Lösung darstellen.

Es ist aktuell zu beobachten, dass sich internationale Produktionsanlagenhersteller der neuen Schnittstellentechnologien annehmen, um die Kommunikationsfähigkeit ihrer Anlagen auszubauen. Je nach dem, welche Dynamik diese Entwicklung annimmt, könnten sich endlich ein oder zwei Standards durchsetzen, die, entgegen vieler anderer Ansätze, effizient und einfach zu implementieren sind. Dies wäre auch im Zuge der internationalen MES-Standardisierung und -Marktdurchdringung ein echter Schritt in die Industrie 4.0-Zukunft.

Davon bin ich jedenfalls als Leiter des DIN Arbeitskreises MES wie auch als Convenor der ISO Arbeitsgruppe WG9 für Manufacturing Operations Management (MOM) überzeugt. Und auch als Vorstand der GUARDUS Solutions AG, also eines betroffenen MES-Anbieters, würde ich diesen Schritt sehr begrüßen.

Während OPC-UA als bidirektionaler Allrounder-Standard - typisch deutsch - einen höheren Komplexitätsgrad als MT-Connect in sich trägt, glänzt MTConnect als unidirektionale Schnittstelle mit einem offenen Kommunikationsstandard, der durch sein typisch amerikanisches Vorgehen mit einem starken Argument überzeugt: Einfachheit. Einmal implementiert und eingeschaltet, „zwitschert" die Maschine ihre Prozessparameter ohne Unterbrechung über ein HTTP-Protokoll an ihre „Follower".

Letztere sind beispielsweise Manufacturing Execution Systeme, die über eingesetzte Agenten die für sie relevanten Information herausfiltern und in einer integrierten MES-Datenbank speichern. Dazu gehören Parameter wie Mengen, Zeiten, Zustände oder auch Prozessdaten zu Temperatur, Leistungsaufnahme oder Laufgeschwindigkeit. Diese Informationen lassen sich zur Online-Überwachung der Prozessstabilität ebenso heranziehen wie zur Speicherung und anschließenden Analyse von Verlaufskurven.

Ein klassisches Beispiel ist die Total Predictive Maintenance im Rahmen der Wartungsplanung durch ein MES. Im Zuge dessen überwachen die MES-Agenten die Prozessparameter der Maschinen hinsichtlich der Beanspruchung bestimmter kritischer Maschinenteile. Egal, ob Industrie 4.0-Idee oder singuläre automatisierte Produktionsstraße - wenn eine Maschine wegen schlecht getakteter Wartungsintervalle ausfällt, ist der Schaden groß.

Stehen jedoch Online-Daten über die Maschinenbeanspruchungen - etwa die Angabe der Betriebsstunden oder der Belastungswerte - zur Verfügung, lassen sich die Zyklen dynamisieren.



Das große Bild
Würde sich ein Maschinenkommunikations-Standard aufgrund seiner Effizienz und Einfachheit in der Breite durchsetzen, wären MES und damit auch die Industrie 4.0 noch besser in der Lage, sämtliche Datenbeziehungen zwischen Mensch, Produkt, Maschine, Werkzeug und Prozess in einer integrierten Datenbank zur Verfügung zu stellen.

Der Vorteil: detaillierte Echtzeit-Auswertungen zur Qualität und Produktivität im Produktionsprozess. Ein medienbruchfreier Datenfluss zwischen Anlagen und der IT eröffnet ein breites Spektrum an Daten und Analysen, nicht nur für Kennzahlen wie OEE, Bearbeitungszeiten, Nutzungsgrade und Ausschussquoten, sondern auch über den Ressourceeinsatz, die Prozessstabilität und Werkzeug- und Maschinenbeanspruchung.

So erhalten Produktionsleitung, Qualitätsmanagement und Controlling zu jedem Zeitpunkt eine aktuelle Datengrundlage zur Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen. Dass diese Informationsbasis schon heute für Anwender von unserem System (GUARDUS MES) existiert, ist dem intelligenten Integrationskonzept des Systems geschuldet.

In diesem Kontext würden internationale Standards wie MT-Connect oder OPC-UA den Aufbau und die Erweiterung dieses Wissenspools aber in Zukunft deutlich beschleunigen und auch vereinfachen.



Dieser Beitrag ist Teil des Buchs "MES" erschienen in der Serie "Competence Books". Eine kostenlose Download-Version des Buchs erhalten Sie nach Anmeldung auch hier.


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Disruptive Marketing - Von Empathie und entschlüsselbaren Daten

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Marketing wie zu Mad Men Don Drapers Zeiten gibt es nicht mehr lange. Eine neue Generation Marketeers, die keine Ahnung hat vom klassischen Marketing, aber viel darüber weiß, wie man Daten analysiert, wird das Zepter übernehmen. Meint zumindest Geoffrey Colon in seinem neuen Buch DISRUPTIVE MARKETING.

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Es waren einmal die guten alten Marketingzeiten, da zahlte man für Anzeigengröße, Platzierung und Erscheinungsdatum. Aber diese Zeiten sind vorbei, niemand interessiert sich mehr für Anzeigen. Wir werden mit über 4.000 Anzeigen täglich belästigt und haben längst gelernt, wegzusehen. Wir haben auch gelernt, ganz schnell zu erkennen, ob uns jemand eine interessante Geschichte erzählen oder nur seine Verkaufsbotschaft unterjubeln will. Mausklick, weg, andere Seite ansurfen...

Das Problem der Marketingleiter



Marketingbeauftragte stehen heute vor einem Problem: Sie haben jahrzehntelang gelernt, uns mit tollen Angeboten zu bequatschen. Egal wann, egal wo, egal, ob wir wollen oder nicht! Wir wollen aber nicht zugelabert werden, wir wollen, dass man uns zuhört! Wir Konsumenten wollen, dass uns Firmen ernst nehmen, uns geholfen wird bei Problemen.

Deshalb kann es im Marketing nicht mehr funktionieren, seine Botschaft einfach möglichst laut hinaus zu brüllen, in der Hoffnung, dass es schon irgendjemand hört und dann kommt und kauft.

Es geht darum, das Zuhören zu lernen



Marketing muss nicht mehr den Kunden anbrüllen sondern ihm zuhören. Und wie schaffen das die Don Drapers von heute? Indem sie die Möglichkeiten der modernen Technik nutzen: Die Daten der Nutzer werden immer besser und valider, sie auszuwerten immer einfacher. Das, was früher die ganze Marketingabteilung beschäftigte, kann heute ein Einzelner mit ein paar Tools allein. Die Nutzerdaten werden ausgewertet und ganz schnell wird deutlich, worauf die Konsumenten reagieren, was sie mögen und was nicht.

Und die gleiche Technik erlaubt es auch, dem Kunden in Echtzeit ein individuell auf ihn zugeschnittenes Angebot zu erstellen, das genau seinen Wünschen entspricht. Das klappt schon längst im Internet in den Onlineshops. Es ist nur noch ein kleiner Schritt, bis das auch im Laden um die Ecke passiert, der digitalen Transformation sei Dank.

Geoffrey Colon nennt die neue Art des Marketings Disruptive Marketing und sieht sie nicht mehr in den Händen der Absolventen von Marketing-Studiengängen. Vielmehr geht er davon aus, dass künftig die schlechter ausgebildeten Marktingmacher die erfolgreicheren sind. Denn sie sind es, die sich leichter tun werden, etablierte Denkkanäle zu verlassen. Im großen Wust an Nutzerdaten kommt es neben nicht mehr so sehr darauf an, in Marketingkanälen zu denken, sondern vielmehr ein Gespür für die Daten, deren Herkunft und deren Hintergründe zu haben.

Datenanalyse statt Zielgruppenanalyse



Statt Marketingwissen wird also das Wissen um Datenverarbeitung und -analyse wichtiger werden. Und das Querdenken, denn manchmal findet man im großen verwirrenden Big Data Datenhaufen die Antwort nicht in dem man sich fragt: „Was habe ich falsch gemacht, dass ich solche Daten erhalte?" sondern indem man sich die Frage stellt: "Was könnte hinter diesen unklaren Zahlen stecken?"


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Die wahre Kunst des Disruptiven Marketings wird es aber sein, diese Datenanalysen zusammen zu führen und daraus ein neues Angebot zu entwickeln, das kundenzentriert ist und dessen Bedürfnissen möglichst genau entspricht. Und dazu ist neben allem technischen Sachverstand vor allem eines nötig: Empathie mit dem Kunden und dessen Lebensrealität, seinen Sorgen, Ängsten und Problemen.

Wer sich in den Kunden eindenken kann und dessen generierte Nutzerdaten zu analysieren weiß, der wird künftig in die Ruhmeshalle der Disruptiven Marketeers einziehen, während die Don Drapers alter Schule draussen verzweifelt an der Portaltür klopfen und um Einlass flehen: erfolglos.



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"Ich sehe, Sie tragen Kopftuch" - was mich meine Vorstellungsgespräche über Deutschland gelehrt haben

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Warum wird es uns so schwer gemacht?

26 Jahre jung, ambitioniert und mit einem frischen Master-Abschluss in der Tasche, geht es auf Jobsuche. Mehrere Praktika bei namhaften Großunternehmen, ein Auslandssemester, Ehrenamt und sehr gute Noten stellen in der Regel gute Chancen für einen Einstieg dar. Gut, daran habe ich während meiner Studienzeit gearbeitet - wäre da nur nicht das Kopftuch ...

Naiv, wie ich war, bewarb ich mich vorerst mit Bild, so wie es in Deutschland oft noch die Norm ist. Meine Freunde rieten mir bereits im Vorfeld davon ab, reduziere es doch signifikant die Chance auf ein Gespräch - ich nahm die Worte erstmal nicht all zu ernst.

Da dann Einladungen über einen längeren Zeitraum so gut wie ausbleiben und all meine Kommilitonen viel weiter im Bewerbungsprozess waren, mache ich mir dann doch Gedanken.

Ausschlaggebend war schließlich die Erfahrung bei einem Konsumgüterunternehmen, das nach der Bewerbung allen Kandidaten einen Link zum Onlinetest schickte. Auch Kommilitonen, die für die Stelle weniger qualifiziert erschienen (Anzahl relevanter Praktika und Notenschnitt) erhielten den Link. Ich erhielt sofort eine Absage. Seitdem bewerbe ich mich nur noch ohne Bild - echt frustrierend.

Zwei Beispiele aus fortgeschrittenen Bewerbungsprozessen



Und siehe da, schon erhalte ich deutlich mehr Einladungen. Jedoch sollten sich auch die nächsten Schritte als nicht unproblematisch erweisen. Im Folgenden zwei Beispiele aus fortgeschrittenen Bewerbungsprozessen, die ich so erlebt habe:

1. Ich bestehe den Onlinetest und werde vor Ort zum Auswahltag eingeladen. Vor Ort wird mir nochmals ein Mathe-Logik-Textverständnis-Test vorgelegt. Ich gehöre zu den 20%, die diesen bestehen und habe anschließend drei Interviewgespräche.

Auch darauf habe ich mich im Vorfeld vorbereitet und gebe zu allen Fragen Beispiele aus meinem Lebenslauf. Begründung der Absage beinhaltet tatsächlich, dass ich augenscheinlich ja religiös sei und man den Eindruck hatte, religiöse Projekte seien mir wichtiger als industrielle (ich hatte auch Beispiele aus meinem islamischen Ehrenamt erwähnt, was ich im Nachhinein lieber hätte sein lassen sollen).

2. Neben wünschenswerten Arabisch- und Französisch-Kenntnissen, idealerweise mit Marketing als Schwerpunkt im Studium, hätte ich Kunden in Nordafrika betreuen sollen. Das erste Interview läuft hervorragend ab. Ich scheine alle Anforderungen zu 110% zu erfüllen.

Meine Gesprächspartner sind begeistert. Es wird mir gegenüber noch erwähnt, dass sich weitere Entscheidungsträger meine Bewerbung anschauen, bevor ich in die nächste Runde eingeladen werde.

Eine Woche später dann die Absage per E-Mail. Ich rufe an und möchte Feedback. Die Dame am Telefon scheint nervös und möchte keine Auskunft geben. Sie hätten eben bereits andere Kandidaten zum Zweitinterview eingeladen.

Es bleibt der bittere Beigeschmack



Was bleibt, ist der bittere Beigeschmack, dass irgendeine Person es nicht begrüßt, Frau mit Kopftuch einzustellen, insbesondere im Marketing mit Kundenkontakt. Natürlich, der Wettbewerb ist groß.

Desto erfreulicher ist es, wenn man dann tatsächlich eingeladen wird und/oder die Onlinetests besteht. Frustrierender dann jedoch, wenn es an der "falschen" Religion scheitert. Das darf nicht sein!

Vermerk: Mir ist bewusst, dass es bei einigen Stellen bessere Wettbewerber gab - keine Frage -aber da, wo es dann hätte klappen können, sind mir Situationen, wie oben genannte Beispiele, widerfahren. Und der springende Punkt ist, dass diese Erfahrungen leider keine Einzelfälle darstellen.

Meine Kommilitonen, die etwa zeitgleich mit mir auf Suche gegangen sind, haben mittlerweile einen Job. Ich freue mich wirklich für diese. Auf der anderen Seite bewerbe ich mich Monate später immer noch und weiß, dass ich ohne Kopftuch höchstwahrscheinlich auch schon eine Stelle hätte.

Der Austausch mit bedeckten Freunden und Bekannten zeigt mir, dass wir hier ein reales Problem haben, denn die meisten haben, beziehungsweise hatten, Schwierigkeiten bei der Jobsuche oder bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz aufgrund ihres Kopftuches. Und dabei geht es tatsächlich nur um das Tuch um den Kopf, da besagte Frauen im Arbeitsalltag auch Bluse und Blazer tragen.

Muss ich mich entscheiden?



Der Rat von Bekannten reicht von: "Versuch es im Ausland" über „Versuch es bei türkischen / arabischen Unternehmen" bis hin zu „Wäre das Ablegen des Kopftuchs keine Option für dich?"

Und nein, es ist keine Option für mich, genau so wenig, wie jetzt auszuwandern oder mich ausschließlich auf türkische / arabische Unternehmen zu bewerben. Warum soll ich mich selbst eingrenzen? Meine persönlichen Werte aufgeben? Gar Deutschland den Rücken kehren?

Damit würde sich rein gar nichts ändern. Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmen selbstbewusste Mitarbeiter suchen. Wäre das leichte nachgeben und aufgeben nicht genau ein Indiz dafür, wie unsicher und wankelmütig man wäre?

Die Vorbehalte der Unternehmen sind unbegründet



Mit den Praktika hatte es bisher gut geklappt. Ich wurde auf Kundentermine mitgenommen und erhielt immer positives Feedback. Die Kunden nahmen mich super an. Das zeigt mir, dass es auch anders geht.

Deshalb kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass die Vorbehalte der Unternehmen unbegründet sind und man muslimischen Frauen die Chance geben muss, auch in diesen Bereichen eine Karriere anzustreben. Nicht nur im Back Office, sondern auch im Front Office.

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Die Hoffnung bleibt, dass meine Bewerbung auf tolerante Personen trifft, die nur meine Qualifikationen interessieren und es bleibt mein starker Wunsch, dass dies zur Normalität wird.

Diese toleranten Personen gibt es durchaus. Auch ich habe bereits positive Erfahrungen gemacht.

Aber diese scheinen im industriellen Umfeld noch lange nicht die Regel zu sein. Deshalb gilt es, hier etwas zu verändern und der erste Schritt hierzu ist, ein Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen.

Gleichberechtigung sowie Diversity sollen nicht nur schön auf der Homepage proklamiert, sondern tatsächlich auch vom Personal gelebt werden. Indessen bewerbe ich mich weiter und frage mich trotzdem: Warum wird es uns so schwer gemacht?

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