Noch im Sommer sah es so aus, als würde die US-Wirtschaft boomen.
Die Wochenzeitung “Die Zeit” schrieb in ihrer Analyse der amerikanischen Wirtschaftslage von steigenden Konsumausgaben, wachsender Investitionen der Unternehmen und von einer Zunahme der Exporte.
Ein Bild, das US-Präsident Donald Trump gerne für sich in Anspruch nimmt.
Auch die renommierte US-Wirtschaftszeitung “Financial Times” zieht eine auf den ersten Blick augenscheinlich positive Bilanz. Doch hinsichtlich der Nachhaltigkeit dieser Entwicklungen zeichnet die Zeitung ein wenig optimistisches Bild.
Warum Trumps Steuergeschenke den USA mehr Schaden als Nutzen bringen – auf den Punkt gebracht.
Die Ausgangslage:
Die Steuerreform der Regierung von Trump wurde vor knapp einem Jahr vom US-Senat beschlossen. Mit dem “Tax Cuts and Jobs Act”, der größten Steuerreform in Amerika seit 30 Jahren, versprach der US-Präsident den amerikanischen Bürgern nichts weniger als ein Wirtschaftswunder.
► Die Theorie: Er würde die Abgaben für Firmen senken, wodurch die Unternehmer mehr Geld für Investitionen zur Verfügung hätten. Dadurch würden wiederum mehr Jobs geschaffen.
► Auf dem Papier sollen davon alle Steuerzahler profitieren. Die dadurch steigende Konjunktur habe wiederum steigende Steuereinnahmen zur Folge. Steuereinnahmen, mit denen der Staat wiederum seine fehlenden Einnahmen kompensieren – beziehungsweise laut Trump sogar steigern – könnte.
► Die Praxis: Die Ertragsteuer für Unternehmen wurde von bisher 35 auf 21 Prozent gesenkt – ein wahrer Geldsegen für Großkonzerne, die damit um rund 1,5 Billionen Dollar entlastet werden.
► Doch wie sich herausstellte sollten rund 45 Prozent der Bürger mit geringem Einkommen von der Steuerreform nicht profitieren. Das geht auf Zahlen des Thinktanks Tax Policy Center zurück, das die “Zeit” zitiert zurück.
Die (Aus)wirkungen der Steuerreform:
Während Trump seine Reform als “historischen Sieg” betrachtet, schallte es Kritik von Seiten der Demokraten. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren bezeichnete die Reform gar als “Raub”, wie die US-Zeitung “Financial Times” schreibt.
► Jetzt, ein Jahr nach der Verabschiedung der Reform, werden die wirtschaftlichen Auswirkungen deutlich: Tatsächlich haben die Steuerkürzungen laut einer Analyse der “FT” zu einer Stabilisierung des Wachstums beigetragen. Es liegt über der Trendrate und zieht in Richtung 3 Prozent, die auch US-Finanzminister Steven Mnuchin vorhergesagt hatte.
► Doch die Analysten der “FT” hegen große Zweifel an der Nachhaltigkeit des Wachstums. Sie rechnen nur mit einem kurzfristigen Wachstumseffekt. Auch die US-Notenbank rechnet langfristig nur mit einem Wachstum von 1,8 Prozent – nicht höher als vor der Reform der Republikaner.
► Schätzungen des New Yorker Finanzdienstleister Citigroup gehen zwar von einem Wachstumsschub von 0,7 Prozentpunkten im Jahr 2018 durch die Steuersenkungen aus. Aber der Kongress müsse dringend Maßnahmen ergreifen, um die niedrigeren öffentlichen Ausgaben zu kompensieren, die das Wachstum im Jahr 2020 bremsen würden, heißt es weiter.
Das sagt ein Finanzexperte zur US-Wirtschaft:
► Alan Auerbach, Wirtschaftsprofessor an der University of California in Berkeley, spricht in der “Financial Times” eine Warnung aus: Amerika bewege sich, was die Fiskalpolitik betrifft, auf “sehr instabilen Pfaden”. Es habe eine sehr starke Erhöhung der Ausgaben und eine starke Erhöhung des Defizits aufgrund der Steuersenkungen gegeben, so Auerbach.
► Auch Citigroup reagiert nach einer Analyse der Auswirkungen der Steuerreform auf die US-Wirtschaft verhalten: Unternehmen reagierten zwar zunächst erfreut über die Reform. So gaben sie laut der “FT” “mutige Versprechen ab”: “Insgesamt 194 Milliarden Dollar an Investitionen”, sowie “Lohnerhöhungen für rund 2 Millionen Arbeiter” und “7 Milliarden Dollar an einmaligem Boni”.
► Doch die Vizepräsidenten, Dana Peterson, hat die versprochenen Investitionen von insgesamt 751 Unternehmensankündigungen in ihrer Analyse auf einen Zeitraum von fünf Jahre verrechnet.
Mit dem Ergebnis: Der Wachstumsschub fällt in Anbetracht der vorliegenden Daten bescheiden aus und beträgt nur einige Zehntel Prozent, wie die Zeitung unter Berufung auf Peterson schreibt.
Diese Grafik zeigt, wie es um die Investitionen steht:
Das Hauptroblem: Die Unternehmensinvestitionen sind im dritten Quartal des Jahres 2018 stark zurückgegangen. Dies könnte laut Experten gravierende Auswirkungen haben. Denn mit der Steuerreform sind große Haushaltsdefizite entstanden, die sich noch ausweiten könnten.
► Auch eine Grafik, die das US-Magazin veröffentlichte zeigt verdeutlicht das Problem: Die Investitionen der Unternehmen in den USA stand heute sogar niedriger sind, als noch vor Trumps Steuersenkungen vor rund einem Jahr.
Die Kurve zeigt, dass sich nach einem starken Anstieg der Investitionen im ersten Quartal auf mehr als 11 Prozent, die Entwicklung wieder verlangsamte –und schließlich im dritten Quartal auf 2,5 Prozent schrumpfte.
► Wie die US-Zeitung schreibt, ist es zwar “verfrüht” die tatsächlichen Auswirkungen der Unternehmenssteuer auf die Investitionen zu beurteilen, doch Trumps Versprechen eines Wirtschaftswunders wird Stand heute durch die Grafik entzaubert.
► Langfristig, heißt es in dem Artikel, müssten die Investitionsausgaben der Unternehmen gar um 30 Prozent steigen, damit das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der USA dauerhaft auf den angepeilten 3 Prozent gehalten werden könne.
Dies liegt wie die Grafik zeigt, weit über dem aktuellen Anstieg. So kann US-Finanzminister Mnuchin derzeit seine These nicht belegen, dass die Steuerreform das Wachstum dauerhaft ankurbeln könnte.
Das Haushaltsdefizit:
Im Gegenteil: Der Mnuchin hat in diesem Jahr laut der “Financial Times” mit einem der größten Haushaltsdefizit in der modernen US-Geschichte zu kämpfen.
► Es beläuft sich laut Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) im Jahr 2018 auf 970 Milliarden Dollar – das sind 4,6 Prozent des BIP. Zuvor waren es knapp 4 Prozent. Die Aufgabe der Behörde CBO ist die Prüfung und Schätzung der nötigen und geplanten Ausgaben innerhalb eines Haushaltsjahrs.
► Nie sei das Defizit außerhalb einer Rezession oder eines Krieges höher gewesen, wie die “FT” unter Berufung auf den für den Bundeshaushalt verantwortlichen Ausschuss schreibt.
► Sollten die Erhöhungen des Budgets für die Steuersenkungen verlängert werden, könnte die Staatsverschuldung nach Angaben des CBO von 78 Prozent des BIP auf 148 Prozent bis 2038 steigen.
Die Zunahme der Staatsverschuldung würde sich laut dem Artikel wiederum negativ auf das Wachstum und die privaten Investitionen auswirken.
Was die Investitionsrückläufe verstärkt:
Die Finanzexperten der “Financial Times” nennen vor allem zwei Aspekte, die die Grundstimmung der Investoren schmälert:
► Angesichts der großen Bedeutung der amerikanischen Ölindustrie könnten auch immer weiter sinkende Ölpreise die Investitionslust der Unternehmen trüben, wie es in dem Artikel heißt.
► Und: Trumps Handelspolitik. Im März traten bereits Zölle auf importierten Stahl und Aluminium in Kraft. Dies hätten zwar die inländischen Stahlhersteller begrüßt, doch andere Hersteller, wie zum Beispiel “von Waschmaschinen bis hin zu Autos”, seien dabei nicht berücksichtigt worden.
So führte gerade der Handelskrieg mit China, von der eine Vielzahl chinesischer Importe betroffen sei, zu immensen Preiserhöhungen.
Auf den Punkt gebracht:
Wie die Analyse der “Financial Times” zeigt, könnte Trumps mit seinen teuren Steuergeschenken an Topunternehmer und Großkonzerne geradezu das Gegenteil von dem Bewirken, was er versprochen hat.
Die Grafik zeigt, dass die Investitionen der Unternehmer zwar zu Beginn des Jahres an Auftrieb gewonnen hatte, diese Entwicklung mittlerweile aber trotz der Steuersenkungen rückläufig ist. Hinzu kommt, dass Trump mit seiner Handelspolitik führ zusätzliche Unruhen unter den Investoren sorgt.
Glaubt man den Experten der “Financial Times” steuern die Vereinigten Staaten gerade eher auf eine enorme Staatsverschuldung als auf ein Wirtschaftswunder zu.