Katharina Kirsch ist seit 2006 mit ihrer Freundin zusammen, seit Beginn dieses Jahres sind sie offiziell verheiratet. 2016 kam dank künstlicher Befruchtung ihr zweites gemeinsames Kind zur Welt – der Spender ist ein schwuler Freund. Eine Geschichte, die zeigt, dass auch alternative Patchwork-Familien funktionieren können.
Als ich 18 war, habe ich mich das erste Mal in eine Frau verliebt. Mit Simone bin ich seit 2006 zusammen, 2013 haben wir geheiratet. Da war die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland zwar noch nicht erlaubt, aber eine sogenannte Lebenspartnerschaft durften wir immerhin eingehen. Für uns war das wie unsere Hochzeit.
Es dauerte nicht lange, da wussten wir: Wir wollen Kinder bekommen. Wir hatten beide den Traum von einer gemeinsamen Familie und haben das große Glück, einen guten, schwulen Freund zu haben. Er ist ein alter Schulfreund meiner Frau. Wir wussten zwar nicht, ob er sich vorstellen konnte, Vater zu werden, aber haben ihn schließlich trotzdem gefragt. Danach waren wir erst mal acht Monate auf Weltreise, er hatte also eine lange Bedenkzeit.
Als wir wieder kamen, sagte er zu. Er würde unser Spender für die künstliche Befruchtung sein. Wir machten das nach der sogenannten Bechermethode zuhause und es klappte schon beim zweiten Versuch. Jetzt ist er also der biologische Vater meiner Kinder. Unsere Tochter kam 2014 zur Welt, unser Sohn 2016.
Die Schwangerschaften haben wir uns aufgeteilt
Die Schwangerschaften haben wir uns aufgeteilt. Ich habe das erste Kind geboren, weil ich die Ältere von uns beiden bin, meine Frau das zweite Kind. Ich bin 41, meine Frau 37.
Nach den Geburten sind wir beide jeweils in Elternzeit gegangen. Mittlerweile arbeiten wir wieder und die Kinder sind in der Kita. Unser Freund sieht die Kinder regelmäßig. Das funktioniert gut. Dennoch ist mir wichtig zu betonen, dass es sich um ein Modell von vielen möglichen handelt. Die Mehrzahl der Frauenpaare, die wir über unseren Verein Les Mamas e.V. kennen, entscheidet sich aus verschiedenen – auch rechtlichen – Gründen für einen anonymen Spender.
Nicht nur ich bin der festen Überzeugung, auch viele Studien belegen, dass zwei Mütter oder zwei Väter Kinder ebenso gut großziehen können wie ein heterosexuelles Paar. Gerade nach den Äußerungen unserer Bildungsministerin ist es mir wichtig zu betonen, dass auch andere Familienmodelle völlig in Ordnung sind. Es schadet Kindern nachgewiesenermaßen nicht, wenn sie ohne Vater aufwachsen.
Das Wichtigste, was ein Kind braucht, ist Liebe
Eine Vielzahl an Studien, unter anderem die sogenannte Bamberg-Studie von 2009, die damals vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegeben wurde, belegen, dass die Kinder gleichgeschlechtlicher Paare oft sogar höhere Sozialkompetenzen haben als die Kinder anderer.
Wir lesbischen Mütter machen uns von vornherein sehr viele Gedanken darüber, wie wir mögliche Diskriminierungserfahrungen vermeiden können. Als wir neu in der Kita waren, lobte eine der Erzieherinnen, wie gut sie es fände, dass unsere Kinder auch einen Vater hätten. Den Kommentar fand ich unnötig. Damit diskriminiert sie Frauen, die ohne einen Mann einen Kind großziehen, das aber genauso gut können. Das Wichtigste, was ein Kind in der Erziehung braucht, ist Liebe. Und das können zwei Frauen oder zwei Männer ebenso gut geben, wie eine Frau und ein Mann.
Was mich vor allem ärgert ist, dass das Abstammungsrecht veraltet ist. Wir müssen die Kinder als Stiefkinder adoptieren. Das ist, als würden wir ein fremdes Kind adoptieren, dabei ist es doch unseres!
Das heißt auch: Wenn der Mutter bei der Geburt etwas zustoßen würde, wäre das Kind Vollwaise. Das ist der Hauptgrund, warum ich dafür kämpfe, dass das Abstammungsrecht endlich reformiert wird.
Meine Frau und ich sind nun die Erziehungsberechtigten beider Kinder, aber mussten das Kind des jeweils anderen erst adoptieren. Unsere Kinder gehen sehr gut mit der Situation um. Ich hoffe, dass das so bleibt, denn noch sind sie natürlich klein und die Kita-Zeit ist sehr behütet. Auch München haben wir viel zu verdanken. Die Stadt ist sehr offen.
Ein Pfarrer wollte unser Kind nicht taufen
Wir haben uns an LeTRa gewandt, die Beratungsstelle und Zentrum des Lesbentelefons in München. Sie haben uns sehr geholfen. Ebenso wie der Verein lesbischer Mütter “Les Mamas” und das Regenbogenfamilienzentrum, das unter anderem eine Krabbelgruppe und eine Spielgruppe anbietet.
Klar gibt es auch hier in München Ausnahmen; Menschen, die weniger tolerant sind. Ein evangelischer Pfarrer hat verweigert, unser Kind zu taufen. Der nächste Pfarrer war dafür sehr nett und hatte überhaupt kein Problem damit.
Insgesamt haben wir fast durchweg positive Erfahrungen gemacht und unsere Entscheidung keine Sekunde bereut. Trotzdem würde ich jedem Paar raten, alles genau zu durchdenken. Denn einfach ist es nie, wenn auf einmal eine dritte Person, der Spender, eine Rolle im Leben spielt, zumal diese Person in den meisten Fällen ein Fremder ist.
Aber allen Zweiflern möchte ich sagen: Das Wichtigste in der Erziehung eines Kindes ist Liebe. Und die können zwei Frauen einem Kind ebenso geben wie ein Mann und eine Frau.