Barbara Jahn* ist Mitte 20, Studentin und leidet seit 5 Jahren an Bulimie. In ihrem Text erzählt sie von den tiefen Abgründen ihrer Essstörung.
Aber vor allem auch davon, wie sie es geschafft hat, dass die Krankheit heute nicht mehr ihr Leben bestimmt. Seit Jahren freut sich sie zum ersten Mal auf Weihnachten und will anderen Betroffenen Mut machen.
In meinem Zimmer ist es komplett dunkel, ich weiß nicht genau, wie spät es ist. Ich liege in meinem Bett, in meinem Kopf hämmert es unerträglich, die ganze Haut in meinem Gesicht spannt, Arme und Beine fühlen sich an als wären sie aus Zement, mein Rachen brennt, der Mund ist ausgetrocknet, doch ich habe keine Lust, etwas zu trinken. Der beißende Geruch von Erbrochenem klebt unter meinen Fingernägeln.
Aber immerhin ist mein Magen wieder leer und ich fühle mich nicht mehr so schwer. Vor einer halben Stunde war das noch anders, mein Magen und mein Rücken schmerzten, weil ich so viel Essen in mich reingezwungen habe.
Eine Familienpackung Knuspermüsli mit 3,8-prozentiger-Milch. Mehrere Kugeln Eis. Die zweite Tafel Schokolade. Drei Butterbrezeln. Käselaugen. Apfelkuchen. Pizza. Als die Tüten leer sind, alle Dosen nacheinander: Kidneybohnen, Kichererbsen, Mais pur. Eine Packung Studentenfutter.
Es fühlt sich an, als würde ich zerreißen. Und dann erbreche ich. Zwinge mit Gewalt alles wieder aus meinem Körper, die Magensäure brennt in meiner Speiseröhre, mein ganzer Körper verkrampft sich. Dann spüle ich den Mund aus und falle wieder erschöpft in mein Bett. Zurück in die Dunkelheit. Meinen Abgrund.
Von außen sah es immer aus, als liefe bei mir alles perfekt
Ich erinnere mich noch, wie wir im Biologie-Unterricht über Anorexie, Bulimie und Essstörungen gesprochen hatten. Diese Vorstellung, dass man sich dabei in etwa so fühlt, als hätte man eine Magen-Darm-Grippe. Und ich konnte nicht begreifen, wozu jemand so etwas tut, sich selbst erbricht.
Und dann plötzlich tat ich genau das. Immer und immer wieder. Manchmal tagelang.
Diese Zeit ist inzwischen vorbei. Ich habe es geschafft, dass die Krankheit heute nicht mehr mein Leben kontrolliert. Bevor ich euch erzähle, wie ich das geschafft habe, will ich euch einen Einblick geben, was die Jahre zuvor passiert ist.
Ich habe mich oft gefragt: Wie hat es eigentlich angefangen? In meinem Leben lief eigentlich alles wie am Schnürchen. Früh Abitur gemacht, ein Stipendium bekommen, zahlreiche Auslandserfahrungen erlebt. Von außen sah es immer aus, als liefe bei mir alles perfekt.
Extrem hohe Ansprüche an mich selbst hatte ich eigentlich schon immer. Und denen konnte ich leider nie entsprechen. Ich war mir selbst nie genug. Ich wollte einfach sehr gerne eine andere Person sein.
All das führte dazu, dass ich immer nach Bestätigung jeglicher Art gelechzt habe. Ich wollte gefallen. Und ich war relativ findig darin, auszufüllen, was sozial so ankam.
Mein Traum war es, sehr schlank zu sein, in etwa so wie Audrey Hepburn
Innerlich wäre ich gerne selbstsicherer gewesen; schlagfertiger, vor allem auch extrovertierter. Auf keinen Fall zu nett, sondern cool eben.
Und äußerlich – und das zu verändern erwies sich als deutlich einfacher – wollte ich absolut nicht so aussehen, wie ich aussah. Besonders definiert oder schlank war ich nie, normal eben. Mein Traum war es, sehr schlank zu sein, in etwa so wie Audrey Hepburn. Dieses sehr zierliche Ideal hatte ich schon als Kind und daraufhin immer wieder versucht, abzunehmen.
Der Auslöser für die Essstörung war am Ende wohl die erste Zeit, in der ich völlig auf mich allein gestellt war. Und das war, als ich ein Auslandssemester in Mexiko verbracht habe. Ich wollte dieses Abenteuer damals, aber ich war nicht vorbereitet auf das, was da kam. Ich war schlichtweg überfordert.
Gleichzeitig wollte ich dort unbedingt zu den attraktiven und erfolgreichen Menschen gehören. Ich meldete mich im Fitnessstudio an und begann, Sport zu treiben. Das war natürlich grundsätzlich okay und gut.
Aber gegen Ende meiner Zeit dort verbrachte ich mehr Zeit im Fitnessstudio als damit, die Landeskultur zu erfahren. Und irgendwann hatte ich vermehrt das Gefühl, dass ich nicht genügend Sport gemacht habe für das, was ich gegessen hatte. Da habe ich zum ersten Mal willentlich erbrochen.
Im Anschluss an das Auslandssemester bin ich für ein Praktikum in eine andere Großstadt gezogen, dort nahm das Ganze recht klassisch seinen Lauf. Angefangen mit Detox, blieb irgendwann das restriktive Essverhalten.
Seitdem hat die Essstörung mein Leben bestimmt. Und seitdem kämpfe ich dagegen an. In den folgenden Jahren war die Bulimie meine Begleitung. Sie war immer dabei, jeden Tag.
Währenddessen habe ich weiter erbrochen, um abzunehmen. Bis ich dann im Sommer 2013 nur noch 48 Kilogramm wog. Für meine Größe war das Untergewicht. Aber das sah ich nicht. Ich war besessen davon, meinem Ideal von Attraktivität und Erfolg zu entsprechen.
Seitdem hat die Essstörung mein Leben bestimmt. Und seitdem kämpfe ich dagegen an. In den folgenden Jahren war die Bulimie meine Begleitung. Sie war immer dabei, jeden Tag.
Plötzlich bekam ich unbändigen Heißhunger
Meine Gedanken kreisten ums Essen, um Kalorienangaben, ich habe tagelang gefastet oder mich sehr beschränkt in dem, was ich zu mir genommen, auf bestimmte Lebensmittel und Mahlzeiten komplett verzichtet.
Das führte dann dazu, dass ich irgendwann, vorzugsweise in Phasen, in denen ich Stress hatte oder mich nicht nur auf meine Mahlzeitenplanung konzentrieren konnte, plötzlich einen unbändigen Heißhunger bekam.
Dann habe ich alles in mich reingeschlungen, hab Hamster-Einkäufe gemacht, Unmengen an Fertigmahlzeiten und Süßigkeiten gekauft. Ich bin von Bäckerei zu Bäckerei gerannt, um irgendwie eine adäquate Menge an Backwaren zu erstehen und nicht dafür verurteilt zu werden.
Irgendwann fand ich mich in einem Berg von Verpackungsmüll wieder und fühlte mich wie zugedröhnt. Man sagt nicht umsonst, dass es wie eine Sucht ist, eine Droge.
Ich kannte den Weg schon, es war wie ein Automatismus: Tütenweise Kuchen, Käsestangen und Laugengebäck, das ich mit zwei Gläsern Nuss-Nougat-Creme und Milch hinunterschlang. Im Supermarkt griff ich zu Tricks, wie zum Einkauf noch eine Sektflasche hinzuzupacken, damit Leute an der Kasse denken, ich würde eine Party feiern.
Dann sperrte ich mich in mein Zimmer und aß alles nacheinander runter. Ich aß so viel, bis mein Bauch weh tat, mein Rücken schmerzte und überhaupt nichts mehr ging. Irgendwann fand ich mich in einem Berg von Verpackungsmüll wieder und fühlte mich wie zugedröhnt. Man sagt nicht umsonst, dass es wie eine Sucht ist, eine Droge.
Der Tag nach diesen Ess-Brech-Anfällen war immer wie ein Katertag
Dann erbrach ich mich. Zu Beginn habe ich mir noch den Finger in den Hals stecken müssen. Zum Schluss haben Bauchmuskelkontraktionen gereicht.
All das geht natürlich nicht spurlos an dir vorbei. Ich war dann oft tagelang außer Gefecht gesetzt, hatte heftige Kopfschmerzen, mein Gesicht war angeschwollen, mein gesamter Körper war aufgedunsen, meine Haare fielen aus, die Periode ohnehin – später in der Klinik wurde festgestellt, dass meine Blutwerte völlig daneben waren.
Der Tag nach diesen Ess-Brech-Anfällen war immer wie ein Katertag. Ich war wie betäubt, konnte nicht klar denken, mich nicht konzentrieren, keine Informationen aufnehmen. Ich war überhaupt nicht klar im Kopf.
Natürlich habe ich gehofft, dass es niemandem auffällt, versucht, ein Bild der Perfektion zu vermitteln, mich selber irgendwie in Schach zu halten und trotzdem ein Lächeln aufzusetzen.
Während dieser Zeit war es für mich immer schwierig, in Gesellschaft zu essen, weil ich immer weniger essen wollte als die anderen – das war wie ein Selbstzwang. Da sind gesellschaftliche Anlässe, vor allem mit Buffet, natürlich absoluter Horror.
Entweder ich fastete nur oder überfraß mich, entweder ich fühlte mich hervorragend oder komplett furchtbar. 1 oder 0, alles oder nichts, ich habe alle komplett alles ins Extreme getrieben.
Ich habe dann vorher gefastet, mich extrem zurückgehalten; entweder am Buffet oder im Nachgang daheim dann trotzdem einen Essanfall gehabt. Wenn Alkohol im Spiel war, wurde es noch schlimmer. Oder ich habe Sport gemacht, teilweise in der brütenden Hitze, weil da war wieder dieser Zwang, Sport zu machen, Kalorien loszuwerden.
Die Krankheit veränderte natürlich auch mich als Person. Rückblickend würde ich sagen, mein Verhalten war wie ein Binär-Code. Irgendwas war super gut, oder irgendwas war super schlecht. Entweder, ich lernte nur oder ich feierte exzessiv, entweder ich fastete nur oder überfraß mich, entweder ich fühlte mich hervorragend oder komplett furchtbar.
1 oder 0, alles oder nichts, ich habe alle komplett alles ins Extreme getrieben – das ist auch ein Sinnbild für die Bulimie.
So wie ich war, wollte ich einfach nicht sein.
Die Essanfälle begannen häufig damit, dass ich in meiner Wahrnehmung zu viel oder zu ungesund gegessen hab. Es brauchte nur ein Keks zu sein, dann endete es im Desaster. Emotionaler Stress oder das Gefühl, ich hätte irgendetwas getan, was ich nicht hätte tun sollen, eine Regel gebrochen, die ich mir selbst auferlegt habe. Zum Beispiel ‘ab sofort esse ich nur noch Low-Carb’.
Und dann hatte ich plötzlich Hunger auf ein Eis. Das aß ich dann, ich konnte nicht widerstehen. Eine Kugel Vanilleeis mit Sahne. Danach ist dann leider alles vorbei und es geht richtig los.
Mein Denken war davon geprägt, dass ich mich selbst verleugnete, mich nicht akzeptierte und nicht ehrlich zu mir war. So wie ich war, wollte ich einfach nicht sein.
Den einen Moment, in dem ich mich dazu entschieden habe, etwas zu ändern, gibt es nicht. Es war ein Prozess aus vielen Momenten, das weiß ich inzwischen. Und am Ende dauerte dieser Prozess 5 Jahre.
Das hört sich unfassbar an. Aber schon nach kurzer Zeit, als ich nur noch 48 Kilogramm wog, war mir klar, dass ich einfach keine Kraft mehr hatte. Ich lag in meinem abgedunkelten Zimmer und wusste: Das ist nicht gut für mich.
Damals hatte ich mich von meiner Mutter überreden lassen, zum Arzt zu gehen. Seitdem hatte ich die Diagnose Essstörung schwarz auf weiß.
Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich nach und nach einigen Menschen anvertraut. Bis heute bin ich diesen Menschen so dankbar, dass sie mich nicht verurteilten. Im Gegenteil. Alle wollten wir helfen, mich dazu bewegen, irgendetwas zu unternehmen.
Nach außen hin ging es mir hervorragend – aber ich war am Boden
Aber ich redete mir lange Zeit ein, dass ich mir das alleine eingebrockt hatte und es jetzt auch wieder alleine raus schaffen muss, dass ich es auch ohne Therapie schaffen kann.
Ich war noch nicht bereit für Hilfe von außen. Ich kann mir das selbst nicht erklären, aber ich glaube, dass ich im entscheidenden Moment oft auch alleine war. Es ist ein Teufelskreis. Ich wollte alleine sein, mich abschotten, das befeuert wiederum die Krankheit.
Das ging die ganzen Jahre so. Ich habe eine Fassade aufrechterhalten. Nach außen hin ging es mir hervorragend. Aber ich war immer wieder am Boden, bin immer wieder aufgestanden, redete mir jedes Mal ein, dass ich es dieses Mal auf jeden Fall schaffen würde, dass es nicht wieder so enden würde wie beim letzten Mal.
Ein Ess-Brech-Anfall radiert so viel aus, da ist so viel Leere hinterher
Es war wie ein Leben in zwei Welten. Natürlich gab es auch sehr schöne Zeiten. Aber die wurden überschattet davon, dass ich mich manchmal gar nicht mehr daran erinnern konnte, wie viel Spaß ich gehabt hatte.
Ein Ess-Brech-Anfall radiert so viel aus, da ist so viel Leere hinterher. Später in der Klinik hat man mir gesagt, dass das eine Selbstschutzmaßnahme des Gehirns ist, dass man sich nur noch schemenhaft erinnern kann, was war.
Aber um ein paar Schlagworte zu nennen: Ich schämte mich unfassbar, fühlte mich isoliert, habe ein Lügengerüst aufgebaut. Ich konnte keine Deadlines mehr einhalten, habe Termine kurzfristig abgesagt, Menschen nicht mehr geantwortet, die ich gern hatte. Ich hatte einfach keine Energie mehr, den Kontakt aufrechtzuerhalten.
Ich habe an der Uni Prüfungen nicht mitgeschrieben, nachts die Vorräte meiner Mitbewohnerin gegessen und früh am Morgen alles nachgekauft, genau dieselbe Familienpackung Schokoriegel, damit es nicht auffiel.
Das waren dunkle Zeiten. Den Gedanken, dass ich das nicht mehr will, dass ich so nicht mehr leben möchte, den hatte ich sehr oft.
Ich habe mich ungefähr überall erbrochen, wo es ging. Auf beinahe jeder Toilette in meinem Bekanntenkreis; an der Uni, beim Joggen im Feld, nach dem Salat im Restaurant und oft auch völlig gestresst im Zug.
Das waren dunkle Zeiten. Den Gedanken, dass ich das nicht mehr will, dass ich so nicht mehr leben möchte, den hatte ich sehr oft. Ich habe zig Sachen versucht, um da rauszukommen. Aber nichts davon hat funktioniert.
Ich habe wirklich hart gekämpft an meiner persönlichen Front. Und dann kam der Mai diesen Jahres. Da war ich völlig am Boden, ausgebrannt. Und nicht mehr im Stande, diese Fassade, diese Maske aufrechtzuerhalten.
Ich habe nur noch gegessen und erbrochen. Nahm durch Wassereinlagerungen rapide zu, zumal ich allein in meinem abgedunkelten Zimmer lag, ich habe es einfach nicht mehr verlassen. Ich war innerlich so leer und verzweifelt. Ich dachte: Jetzt ist der Punkt gekommen, jetzt geht es einfach nicht mehr.
Das hat noch ein paar Tage gedauert, dann habe ich ein Urlaubssemester genommen und in einer Klinik angerufen. Ich wollte einfach schnellstmöglich Hilfe bekommen.
Ich habe mir gesagt: Okay, ich will leben. Ich will mein Leben zurück. Punkt.
Vorher hatte ich immer überlegt: Wenn ich mich jetzt rausnehme, wenn ich jetzt in eine Klinik gehe - wie rechtfertige ich das? Welcher Arbeitgeber stellt mich dann noch ein? Wer möchte emotional instabile Mitarbeiter? Niemand.
Heute denke ich, dass das die beste Entscheidung meines Lebens war. Endlich bin ich für mich selbst eingestanden, habe Verantwortung für mich übernommen. Dieser Anruf; als ich das Telefon in die Hand nahm, das war ein Schlüsselmoment. Ich habe mir gesagt: Okay, ich will leben. Ich will mein Leben zurück. Punkt.
Die Zeit in Therapie ist für mich wie ein Geschenk
Ich war zwei Monate in Therapie. Diese Zeit begreife ich als Geschenk. Es war sicherlich nicht immer das, was man als Spaziergang bezeichnen würde. Aber das hat auch niemand behauptet. Ich durfte unheimlich viel lernen, über die Krankheit, über mich selbst.
Ich habe gelernt, mich wieder selbst zu spüren, weil ich komplett den Draht zu mir verloren hatte. Ich habe gelernt, wie ich mich wahrnehmen kann, mich auch selbst beruhigen und runterfahren kann.
Ich habe gelernt, wie wichtig es für mich ist, Routinen zu haben, damit nicht immer alles aus dem Ruder läuft, dass ich dafür Prioritäten setzen muss. Und ich habe gelernt, diese Prioritäten so zu setzen, dass es mir als Person gut geht und so, wie ich denke, dass ich den Anderen noch mehr gefallen könnte.
Ich fange an, meine Persönlichkeit zu schätzen
Ich habe verstanden, wie wichtig es ist, die Balance zwischen eigenem Anspruch und sozialer Einbettung zu finden. Dass ich auch mal “nein” sagen muss.
Und langsam ist der Moment gekommen, dass ich meine Persönlichkeit als solche zu schätzen lerne. Auch vermeintliche Stärken und Schwächen, die ich mittlerweile eher als persönliche Eigenschaften begreife. In gewissen Situationen sind sie von Vorteil, in manchen weniger – und man kann alles von mehreren Seiten betrachten. Ich habe gelernt, meine Persönlichkeit in ihrer Tiefer und mit all ihren Dimensionen zu schätzen. Ich bin wieder ich.
Auch meinen Körper akzeptiere ich langsam. Irgendwann habe ich realisiert: Ich kann eigentlich nicht aussehen, wie Audrey Hepburn, so bin ich nicht geschaffen, das ist nicht meine Veranlagung. Aber ich hatte mir immer gedacht: Selbstverständlich kann ich trotzdem so zierlich werden wie Audrey Hepburn, ich muss nur hart genug an mir arbeiten.
Heute denke ich mir: Ich werde nie wie Audrey Hepburn aussehen. Aber es ist okay. Ich bin ich.
Was ich noch gelernt habe, ist, um Hilfe zu bitten. Früher redete ich mir ein, dass ich niemanden brauche, mit dem ich darüber reden kann. Ich war mehr als verschlossen. Im Grunde hatte nicht einmal ich selbst Zugang zu meinen Gefühlen.
Ich bin unfassbar dankbar – für jeden guten Tag
Dass ich heute offener damit umgehe und darüber spreche, hätte ich niemals für möglich gehalten.
Aber meine Zeit in der Klinik war erst der Startschuss. Es ist ein Prozess, es ist ein Weg. Mein Anspruch in der Klinik war, nie wieder einen Rückfall zu haben. Nie. Allein das hat dieses Wörtchen hätte mich schon hellhörig werden lassen müssen.
Selbstverständlich hatte ich Rückfälle. Rückfälle, die mir aufzeigen, an welchen Stellen ich noch arbeiten kann.
Was feststeht, ist, dass ich offener geworden bin, viel kommunikativer – dafür bin ich unfassbar dankbar.
Für jeden guten Tag.
Mittlerweile steht Weihnachten vor der Tür. Ich liebe Weihnachten, ich freue mich auf meine Familie und meine Freunde. Dennoch habe ich erheblichen Respekt davor, denn in den vergangenen Jahren endete Weihnachten immer in einem Absturz.
Ihr müsst euch trauen, euch anderen zu öffnen – es lohnt sich
Vor ein paar Tagen habe ich das meiner Mutter gesagt; es ist mir wichtig, das zu kommunizieren, damit zumindest meine Familie im Boot ist. Aber ich bin hoffnungsvoller und habe das Gefühl, mich mehr freuen zu können als in den letzten Jahren.
Ich hoffe, diese Geschichte kann Betroffenen und deren Angehörigen Mut machen. Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage: Es hilft, zu wissen, dass man nicht allein ist. Zu merken: Da sind Leute, die können das nicht nur nachvollziehen, sondern wirklich verstehen, weil sie es am eigenen Leib erlebt haben.
Wichtig ist vor allem, sich zu trauen, sich anderen zu öffnen und um Hilfe zu bitten.
Bulimie ist eine heimliche Krankheit, eine einsame Krankheit. Es ist gut, dass man darüber spricht.
Ideale sind wichtig, aber sobald sie ins Extrem ausufern, ist eine Grenze überschritten. Seid nachsichtig mit euch selbst. Was ihr auf Instagram seht, ist das, was die Leute wollen, dass ihr seht. Nichts weiter.
Jeder Mensch ist verschieden, jeder hat Ecken und Kanten. Die Welt ist voll von Imperfektion und Eigenheiten.
Das ist nicht nur okay, das ist hochspannend und absolut bereichernd.
Auch, wenn ihr das schon oft gehört habt, es euch schon oft gesagt wurde. Es nützt nichts, wenn man nicht damit anfängt, es zu glauben und zu verinnerlichen.
An all diejenigen, die sich jetzt angesprochen fühlen: Tut es. Es lohnt sich.
Der Text basiert auf einem Gespräch zwischen Barbara Jahn* (Name geändert, aber der Redaktion bekannt) und Uschi Jonas.
Dieser Beitrag ist Teil des HuffPost-Adventskalenders. Hier stellen wir jeden Tag einen Menschen vor, der uns durch seine besondere Geschichte Mut macht. Alle Beiträge findet ihr hier.